„ich habe die freilassung des verdächtigen hinterfragt“: berlins innensenatorin erschüttert über verletzten neuköllner polizisten

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In Neukölln wurde am Freitag ein Polizist mit einem Messer verletzt. Der Verdächtige bekam keinen Haftbefehl. Innensenatorin Spranger zeigt sich skeptisch, erwähnt aber


Tagesspiegel-Recherchen. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat sich am Montag „tief erschüttert“ darüber gezeigt, dass ein Polizist am späten Freitagabend in Neukölln mit einem


Messer lebensbedrohlich verletzt worden ist. Der Beamte sei außer Lebensgefahr und „Gott sei Dank wieder zu Hause“. Zudem nannte es Spranger im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses


unbegreiflich, dass in den vergangenen Tagen mehrere Polizisten angegriffen und teils schwer verletzt worden sind. Bei einer Nakba-Demo am Donnerstag war ein Beamter vom Mob in die Menge


gezogen und niedergetrampelt worden. Am Sonntag wurden Polizisten beim Heimspiel des BFC Dynamo in der Regionalliga Nordost von Fans des FSV Zwickau angegriffen. Ein Beamter wurde zu Boden


gerissen, gegen den Kopf getreten und geschlagen. Er wurde kurzzeitig bewusstlos. Außerdem wurden mehr als 30 Polizisten bei Ausschreitungen türkischer Fußballfans auf dem Ku’damm verletzt.


Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel sprach von einem „wirklich schwarzen Wochenende“ für die Polizei Berlin mit drei schwer verletzten Polizisten. Es sei „unerträglich“, wenn so viele


Kollegen verletzt würden – das habe sich von Donnerstag bis Sonntagabend hingezogen. Empfohlener redaktioneller Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten,


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„Respekt und der Blick auf den Menschen, der als Polizist oder Polizistin handelt, mir immer mehr verloren zu gehen scheint, das besorgt mich und bestürzt mich“. Aber auch, dass es bei


derlei Angriffen immer wieder ein „konzertiertes Vorgehen“ festzustellen sei. SKEPSIS ÜBER DIE FREILASSUNG Zum Fall des Neuköllner Polizisten äußerte sich Spranger nicht im Detail. Sie wolle


es nicht bewerten, dass der Mann vier Stunden nach dem Vorfall am Freitagabend wieder auf freien Fuß gelassen wurde. Spranger ließ jedoch Skepsis durchblicken. „Auch ich habe die


Entscheidung hinterfragt“, sagte Spranger. Die Hoheit für das Verfahren liege bei der Staatsanwaltschaft. Sie habe dazu am Wochenende auch mit Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU)


gesprochen. Sie vertraue darauf, dass die Tat vollständig aufgeklärt werde und lasse sich dazu auf kurzem Wege informieren. „Die Taten müssen unmissverständliche und harte Konsequenzen nach


sich ziehen“, sagte Spranger. „Der Rechtsstaat muss in Fragen der Sicherheit leistungs- und durchsetzungsfähig sein.“ Ihr gehe es darum, dass alle Polizisten nach ihren Einsätzen „gesund


wieder nach Hause kommen“. Spranger erwähnte auch einen Bericht des Tagesspiegel zum Hergang, ging aber nicht näher darauf ein. Konkret geht es um die Frage, warum die Staatsanwaltschaft


keinen Haftbefehl für den Mann beantragt, der am Freitagabend mit einem Messer einen 31-jährigen Polizisten lebensgefährlich am Hals verletzt hat. Nach Tagesspiegel-Recherchen zu den


bisherigen Ermittlungen wollte ein 28-Jähriger eine Anzeige auf der Wache an der Rollbergstraße erstatten, worauf er vom Diensthabenden um Geduld gebeten wurde. Daraufhin verließ er das


Gebäude wieder und beschädigte den Angaben zufolge mit einem Messer ein Polizeifahrzeug. POLIZIST SCHLUG MANN INS GESICHT Wie ein Video aus der Überwachungskamera zeigt, ritzte der Mann mit


dem Messer an einem Einsatzwagen herum. Währenddessen trat der Beamte von hinten an ihn heran und überraschte ihn. Der 28-Jährige drehte seinen Kopf nach hinten, der Beamte schlug ihm


sogleich mit der Faust ins Gesicht. Es kam zu einem Gerangel, das Messer hatte der Mann dabei weiter in der Hand. In der Folge erlitt der Beamte eine Stichverletzung am Hals. Auf dem Video


ist aber nicht erkennbar, dass der Mann auf den Beamten gezielt mit dem Messer einstechen wollte. Deshalb mangelt es an einem Verdacht auf ein Tötungsdelikt. Die Staatsanwaltschaft und die


ermittelnde Mordkommission des Landeskriminalamts sind sich in dieser Interpretation einig, was noch in der Nacht zu Sonnabend zur Freilassung des Täters führte. Der 28-Jährige hat einen


festen Wohnsitz, ist Deutscher und bislang nur einmal – wegen Bedrohung – polizeilich aufgefallen. Bei der Auswertung des Videos kamen die Ermittler auch zum Ergebnis, dass der Polizist


anscheinend die übliche Eigensicherung vernachlässigte, als er offenbar auf den Mann zuging, ohne ihn vorher aus einer gewissen Entfernung angesprochen zu haben. Unklar ist nach


Tagesspiegel-Informationen bislang, ob er gesehen hatte, dass der Mann ein Messer bei sich trug. Eine Notoperation im Krankenhaus rettete dem Beamten, der einer Einsatzhundertschaft


angehört, das Leben. Es handle sich um ein furchtbares Ereignis, das erneut zeige, welche Gefahr von Messern ausgeht, sagte Spranger. Sie nahm den Fall zum Anlass, an die neue Strategie


gegen Messergewalt mit Verbotszonen, neuer Koordinierungsstelle beim Landeskriminalamt und Methoden wie dem Entzug des Führerscheins zu erinnern. „Es gibt keine Rechtfertigung dafür, ein


Messer in der Öffentlichkeit zugriffsbereit mit sich zu führen“, sagte Spranger. „Das Messer ist kein Mittel der Verteidigung. Ich brauche es nicht in der Jacke, um fürs Picknick gewappnet


zu sein. Nicht einmal ein Handwerker braucht ein Messer im Gürtel auf dem Weg zu Arbeit“, sagte die Senatorin. „Wer ein Messer zugriffsbereit mit sich trägt, trägt eine erhebliche


Mitverantwortung dafür, was dieses Messer in seiner Hand anrichten kann.“