Wie gut ist merz für trump gerüstet? : deutschlands rolle wird neu vermessen

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Es ist eine Woche der Wahrheit: Sie wird nicht nur klären, ob der Kanzler einen Draht zum US-Präsidenten findet. Danach wird auch an einer Wehrpflicht kaum ein Weg vorbeiführen. Auf dem


Papier ist Friedrich Merz bestens gerüstet für sein erstes echtes Date mit Donald Trump am kommenden Freitag. Deutschland, für den US-Präsidenten lange das Sinnbild sicherheitspolitischen


Schmarotzertums schlechthin, will nun sehr viel mehr in die eigene Verteidigung investieren. Der neue Bundeskanzler hat viel im Gepäck, um den Mann im Weißen Haus wieder transatlantisch


milde zu stimmen. So sehr Europas Eigenständigkeit nun Gebot der Stunde sein mag, auf absehbare Zeit wird es nicht ganz ohne die Amerikaner gehen – in der Ukraine nicht, in der Nato nicht


und in Handelsfragen nicht. Sicherheits- wie wirtschaftspolitisch hängt viel davon ab, dass Merz nun eine wenigstens halbwegs belastbare Arbeitsbeziehung mit dem so unberechenbaren


US-Präsidenten aufbauen kann – so gut es eben mit Trump geht. Erstes Lehrgeld hat der Kanzler schon bezahlen müssen. Nach seinen Anrufen bei Trump gemeinsam mit anderen Europäern wähnte er


diesen an Bord. Sofortige Waffenruhe oder härtere Sanktionen! So lautete angeblich die gemeinsame Losung gegenüber Kremlchef Wladimir Putin – bis Trump selbst mit Putin sprach. Umso


wichtiger ist es nun, einen Draht zu legen, wirklich Gehör zu finden. VIEL GELD ALS GASTGESCHENK FÜR TRUMP Den Grundstein dafür hat der CDU-Chef schon vor Einzug ins Kanzleramt mit der


fulminanten Schulden-Kehrtwende gelegt. Nur so konnte sich Außenminister Johann Wadephul gerade vom US-Amtskollegen Marco Rubio dafür feiern lassen, dass Deutschland Trumps neue


Nato-Zielmarke unterstützt, mit der Zeit fünf Prozent der Wirtschaftsleistung in die Verteidigung und militärisch relevante Infrastruktur zu investieren – mehr als 200 Milliarden Euro im


Jahr. Die Amerikaner haben es auch gern gehört, dass Merz die Bundeswehr zur größten konventionellen Streitmacht in Europa ausbauen will. Das hat sein Vorgänger Olaf Scholz zwar auch gesagt,


nun aber gibt es die Mittel dafür. Passend zum Besuch des Kanzlers am Freitag werden die Verteidigungsminister der Nato am Vortag in Brüssel neue, sehr viel umfangreichere Truppenstärken


beschlossen haben. Die neue Zielmarke für die deutsche Armee könnte dann bei 240.000, 250.000 oder gar 260.000 Soldatinnen und Soldaten liegen. Soldatinnen und Soldaten dienen AKTUELL IN DER


BUNDESWEHR. All das macht es den USA leichter, sich stärker auf den strategischen Großrivalen China zu konzentrieren. Für Deutschland und Europa ist es kein Selbstzweck, Trump zu gefallen:


Je mehr militärisch-finanzielle Lasten sie übernehmen, umso eher werden er und die US-Truppen dem alten Kontinent nicht abrupt den Rücken kehren, sondern einen geordneten langsamen Rückzug


antreten und den Europäern Zeit geben, ihre Verteidigung selbst zu organisieren. Politisch also ist die Basis für eine solche Übereinkunft gelegt. Der Kanzler müsste Trump auch nahebringen


können, dass Deutschland wirtschaftlich stark bleiben muss, wenn seine Rolle im transatlantischen Sicherheitsgefüge nun ganz neu vermessen wird – und der Handelskrieg nicht zuletzt deswegen


beendet gehört. Das mag für manche auf den ersten Blick überzeugend klingen – die dahinter stehenden Fragezeichen aber sind groß, nicht zuletzt, weil Trump innenpolitisch längst einen


autokratischen Weg eingeschlagen hat und auf vermeintlich starke Männer wie Putin hört. Vor allem aber ist der Merz’sche Kurs in Deutschland selbst noch lange nicht gesellschaftlich breit


mitgetragen. GESELLSCHAFTLICH WENIGER GUT GERÜSTET Abgesehen davon, dass nicht wenige in der Aufrüstung nicht Abschreckung, sondern Kriegstreiberei erkennen, stehen dem Land wirklich


intensive Debatten über die neue Rolle und die eigene Verteidigungsfähigkeit erst noch ins Haus. Wie weit darf sie in den Alltag eindringen? Wer wird Reservist? Wer muss zur Truppe? Die neue


Nato-Zielgröße lässt eine neue Art von Wehrpflicht fast unumgänglich erscheinen: Zu groß ist die Differenz zur aktuellen Personalstärke von 181.000, zu lang wurde versäumt, die Bundeswehr


zum attraktiven Arbeitgeber zu machen, zu spät kommt nun das Freiwilligenmodell aus dem Haus von Boris Pistorius, auf das seine Sozialdemokraten in den Koalitionsverhandlungen als erste


Maßnahme bestanden haben. Kein Wunder also, dass der Minister längst eine Variante des Gesetzes vorbereitet, dass den Zwang bei zu geringen Zahlen schon inkludiert. So ist es zwar gut


möglich, dass Friedrich Merz am Ende dieser Woche Donald Trump damit beeindrucken kann, was Deutschland alles vorhat. Die eigentliche Arbeit beginnt aber erst nach seiner Rückkehr aus


Washington.