Merz sieht keine reichweitenbeschränkung mehr: aber wie weit kann die ukraine jetzt nach russland schiessen?

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Die Ukraine kann deutsche Waffen auch auf russisches Territorium abfeuern – das hat Bundeskanzler Merz gesagt. Doch die Raketenwerfer, Haubitzen und Drohnen reichen nicht besonders weit.


Große Aufregung in der Regierungskoalition – und auch im Kreml. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erklärte am Montag, DASS DIE VON DEUTSCHLAND AN DIE UKRAINE GELIEFERTEN WAFFEN AUF


RUSSISCHEM TERRITORIUM EINGESETZT WERDEN KÖNNEN. Die Beschränkung sei bereits vor Monaten aufgehoben worden, schob Merz am Dienstag erklärend nach, wie „Stern“-Journalist Veit Medick


berichtet. So oder so klang es nach einem Bruch mit der bisherigen Linie. Merz’ sozialdemokratischer Koalitionspartner reagierte prompt mit Kritik. „Nicht hilfreich“, hieß es etwa von


SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner, der stattdessen für verstärkte diplomatische Bemühungen plädierte. Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach von „ziemlich gefährlichen Entscheidungen, wenn es sie


gegeben hat“. DOCH WAS BEDEUTET DIE FREIGABE KONKRET AUF DEM SCHLACHTFELD? Grundsätzlich könnte die ukrainische Armee jetzt auch mit deutschen Waffen Militärstellungen und Depots auf


russischem Gebiet angreifen – so wie sie das mit Raketen und Marschflugkörpern aus den USA und Großbritannien offenbar bereits getan hat. WOMIT SOLL DIE UKRAINE EIGENTLICH NACH RUSSLAND


SCHIESSEN? DER HAKEN ABER IST, DASS DEUTSCHLAND DER UKRAINE BISHER NUR DREI INFRAGE KOMMENDE WAFFENSYSTEME GELIEFERT HAT. Deren Reichweiten liegen deutlich unter denen von Marschflugkörpern.


Es geht um: * DIE RAKETENWERFER MARS II mit einer Reichweite von etwa 85 Kilometern. Berichten zufolge hat Deutschland fünf Stück geliefert. * DIE PANZERHAUBITZEN 2000 mit einer Reichweite


zwischen 30 und 56 Kilometern. 25 Stück wurden geliefert, gab das Verteidigungsministerium Anfang 2025 bekannt. * KI-KAMPFDROHNEN der Firma Helsing mit einer Reichweite von 30 bis 40


Kilometern. 4000 Stück sollen geliefert worden sein, 6000 weitere waren im Februar in Produktion. „WEIT KOMMT MAN HALT NICHT“ Militärexperte Gustav Gressel von der


Landesverteidigungsakademie Wien sieht daher nur begrenzte Auswirkungen der Merz-Ankündigung zur Aufhebung der Reichweitenbeschränkung. „IM GRUNDE KANN MAN AUCH MIT EINER STEINSCHLEUDER ÜBER


DIE RUSSISCHE GRENZE SCHIESSEN, ABER WEIT KOMMT MAN HALT NICHT“ – so drückte er es gegenüber dem Tagesspiegel aus. Der umstrittene Taurus fehlt auf der Liste deutscher Waffen. Dieser


ungefähr 500 Kilometer weit reichende Marschflugkörper wurde der Ukraine – trotz vieler Forderungen – bisher offenbar nicht geliefert. Merz’ Bemerkung habe auch nichts mit dem Taurus zu tun,


hieß es in Berliner Regierungskreisen. Zuvor hatte die Bundesregierung ihre neue Linie bekanntgegeben. Demnach werden „Details von Waffenlieferungen“ nicht mehr öffentlich besprochen. Eine


Taurus-Lieferung stehe laut Merz „im Augenblick“ nicht an. Die Grünen fordern Merz nun auf, den Taurus freizugeben. Auch CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter spricht sich dafür aus. Es


sei „allerhöchste Zeit, endlich an Taurus auszubilden und das System zu liefern“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“ vom Mittwoch.  Militärexperte Gressel befürwortet immerhin die mit der


Merz-Aussage verbundene Botschaft an Russland, wonach sich die Ukraine bei der Verteidigung eben nicht mehr an ihre eigenen Grenzen halten muss. Zumal Moskau gerade jetzt – trotz der


laufenden diplomatischen Initiative – wieder Truppen an der Grenze zusammenziehe. In diesem Zusammenhang warnt Militärexperte Nico Lange auf Bluesky vor „einer von langer Hand geplanten


Offensive an vier Frontabschnitten“ im Nordosten und Osten der Ukraine. (_mit dpa/Reuters/AFP_)