„negativkampagne“: bsw sucht die schuld bei umfragen und medien

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Dem BSW fehlten nur rund 14.000 Stimmen für den Bundestag. Parteichefin Sahra Wagenknecht überlegt daher, das Ergebnis anzufechten. Von Selbstkritik oder gar einem Rückzug will sie nichts


wissen. Die Worte waren unmissverständlich – oder etwa nicht? „Die Wahl ist natürlich auch die Entscheidung über meine politische Zukunft“, hatte Sahra Wagenknecht vor der Bundestagswahl


gesagt. „Wer nicht im Bundestag ist, ist in der deutschen Politik kein relevanter Faktor mehr.“ Das lässt sich eigentlich nur auf eine Art verstehen: nämlich so, dass Wagenknechts Karriere


endet, wenn ihre Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. Genau das ist passiert. Doch Wagenknecht reagiert mit Trotz. FÜR WAGENKNECHT IST DIE SACHE NOCH NICHT ENTSCHIEDEN Am Montag


erklärt sie sich in der Bundespressekonferenz. Ein Journalist hält ihr die eigenen Worte vor und fragt, ob sie nicht zurücktreten müsse. „Ich weiß, dass Sie das sehr gerne jetzt hören


möchten. Und genau deswegen werde ich Ihnen den Gefallen nicht tun“, gibt Wagenknecht zurück. Vorerst räumt hier niemand irgendeinen Posten. „Jetzt dieses Ergebnis als ein brachiales


Scheitern hinzustellen, finde ich schon gewagt“, sagt Wagenknecht. Sie hält die Sache aber auch noch gar nicht für entschieden. Ihrer Partei hätten nur wenige Stimmen gefehlt, zudem habe


eine relevante Zahl an Menschen nicht wählen können. „Da stellt sich schon die Frage nach dem rechtlichen Bestand des Wahlergebnisses.“ Damit spielt sie auf das Thema der Auslandsdeutschen


an, die vielfach ihre Stimme nicht abgeben konnten. Sie sind die wohl letzte Hoffnung der Sahra Wagenknecht. Die Partei wird nun Juristen in Gang setzen, um abzuschätzen, welche


Erfolgschancen rechtliche Schritte hätten. Für den Moment aber hilft das nicht. Woran also hat es gelegen? Wagenknecht spricht über eigene Fehler und nennt etwa das Dilemma um intern sehr


umstrittene Regierungsbeteiligungen im Osten. „Eine junge Partei verliert besonders schnell, wenn hohe Erwartungen dann nicht eingelöst werden.“ SIE SPRICHT VON GEZIELTEN AKTIONEN ZUR


MANIPULATION Auch sagt sie, die Entscheidung, nur sehr langsam neue Mitglieder aufzunehmen, habe die Begeisterung für das neue Projekt bei vielen gebrochen. „Dass Unterstützer sich


abgewiesen und schlecht behandelt fühlten, bedauern wir zutiefst“, sagt sie. Im Kern aber geht es Wagenknecht nicht um Selbstkritik. Sondern sie präsentiert sich an diesem Tag nach dem


Scheitern zornig – vor allem auf Umfrageinstitute und Medien. Kurz vor dem Wahltag hatte Forsa eine Umfrage veröffentlicht, die das BSW bei drei Prozent gesehen hatte. Wagenknecht


bezeichnete das als „gezielte Aktion zur Manipulation von Wahlverhalten“. MEHR POLITIK SEHEN SIE HIER Von der üblichen Fehlertoleranz bei Umfragen sei diese Zahl angesichts des tatsächlichen


Ergebnisses nicht gedeckt. Es sei „durchaus wahrscheinlich“, dass sich aufgrund dieser Umfrage mehr Menschen gegen das BSW entschieden hätten, als ihrer Partei an Stimmen fehlten. Auch den


Medien macht Wagenknecht massive Vorwürfe. Es habe spätestens seit Herbst eine beispiellose „mediale Negativkampagne“ gegeben. Es sei ein „Zerrbild“ des BSW als Pro-Putin-Partei gezeichnet


worden, „die Aussichten auf Erfolg wurden systematisch niedergeschrieben“. Jeder „noch so banale“ Anlass für negative Berichterstattung sei bundesweit breit aufgegriffen worden, über Inhalte


hingegen nicht mehr berichtet worden. BSW DROHT MIT STRAFRECHTLICHEN KONSEQUENZEN Da sitzt also Deutschlands ungekrönte Talkshow-Königin, bei der seit Jahren Medienpräsenz und reale


politische Macht in einem für sie äußerst günstigen Verhältnis stehen. Doch sie klagt, ihr sei zu wenig Gehör geschenkt worden. Und das ist noch nicht alles: Am Sonntag waren recht früh am


Tag in den sozialen Medien angebliche erste Zahlen verbreitet worden, die einen Misserfolg des BSW voraussagten, aber nur ein Fake waren. Das sei „ähnlich dreist und in dem Fall


strafrechtlich relevant“, sagte Wagenknecht. Das Ergebnis aber ist, wie es ist. Dem BSW bleiben die Regierungsbeteiligungen in Brandenburg und Thüringen und die Fraktion in Sachsen. Robert


Crumbach, Landeschef in Brandenburg, gibt sich zweckoptimistisch: „Wir haben jetzt vier Jahre Zeit, das Bündnis weiter aufzustellen, um in vier Jahren den Sprung in den Bundestag zu


schaffen“, sagte er dem Tagesspiegel. Doch der Partei fehlt es an allem: Geld, Personal, Strukturen, Mitglieder. Nun fallen auch noch die Bundestagsabgeordneten samt Mitarbeitern weg. Und so


ist ein anderer Satz von Wagenknecht ein taugliches Fazit der Lage: Für das BSW als Partei sei die Wahl zu früh gekommen. _(mit thm)_