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Wieder bekommen die Rechten wohl keine Posten in Parlamentsgremien. Dabei ist der Bundestag der Ort, wo die Diskussion mit ihnen geführt werden muss. Vorbildlich und fair. Ein Kommentar von
Jost Müller-Neuhof Der 21. Deutsche Bundestag hat seine Arbeit aufgenommen, und die Hoffnungen sind groß. Es soll wieder vorangehen in einem möglichst geeinten Land, mit besser geschützten
Grenzen, wirtschaftlich, bei Digitalisierung und Infrastruktur und nicht zuletzt auf internationaler Bühne. Womit es aber wohl losgehen wird: Der Bundestag entscheidet erneut, die mindestens
in Teilen rechtsextremistische AfD von den relevanten Posten und Gremien fernzuhalten, die das Parlament für seine Selbstorganisation zu vergeben hat. Keine AfD im Bundestagspräsidium,
keine in den Ausschüssen, schon gar keine AfD im Parlamentarischen Kontrollgremium, das die Nachrichtendienste überwacht. Diese Position lässt sich gewiss gut begründen. Die politisch schon
mittelfristig wichtigere Frage aber ist wohl eine andere: Lässt sie sich auch durchhalten? > Der AfD mit anderen Strategien beizukommen - ohne sie zu umarmen - > wäre ein Projekt für
diese Legislatur. JOST MÜLLER-NEUHOF, Rechtspolitischer Korrespondent Begründen lässt sich die Ablehnung, weil Mehrheit nun mal Mehrheit ist und die AfD eben die AfD. Den Volksvertretern
steht es frei, andere Volksvertreter, die sie für unerträglich halten, von Teilhabe auszuschließen. Empfohlener redaktioneller Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen von unseren
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widerrufen können. So hat es auch das Bundesverfassungsgericht entschieden. Wenn nach der Geschäftsordnung des hohen Hauses die Ausschüsse ihre Vorsitzenden „bestimmen“ sollen, dann dürfen
sie diese auch wählen – oder abwählen, wie vor ein paar Jahren den AfD-Politiker Stephan Brandner im Rechtsausschuss. Es ist wichtig, dass die Ausschüsse funktionieren. Hier, abseits des
Plenums, werden die Kompromisse geschmiedet, die für eine gelingende Demokratie unerlässlich sind. Das bedeutet mitunter auch, auf Bedenken der Opposition einzugehen; gute Gesetzgebung soll
länger überdauern als eine Legislaturperiode, nach der eine neue Regierung alles beendet, was die vorangegangene gerade erst begonnen hat. Natürlich ist es dann auch wichtig, dass die
Ausschussmitglieder Chefinnen und Chefs vor sich haben, denen sie vertrauen und die mit ihnen kooperieren. Solche, von denen sie sich repräsentiert fühlen können, wenn diese ihre Funktion
für die Außendarstellung nutzen. Deshalb mag es im Einzelfall gerechtfertigt sein, Kandidaten abzulehnen oder Posten vakant zu lassen. Anders sieht es aus, wenn Ablehnung zum Prinzip erhoben
wird und ungeachtet von Person und Eignung abgestimmt wird. Dann ist das zwar legal, gleichwohl ist es der fortgesetzte Bruch einer früher lange geübten Praxis, in der solche Posten nach
Parteiproporz verteilt werden konnten. Ein Regelbruch als Reaktion auf die Regelbrecher der AfD, sagen die, die ihn befürworten; außergewöhnliche Umstände erforderten eben außergewöhnliche
Mittel. Vergessen wird dabei, dass der Bundestag der zentrale Ort ist, um sich mit der AfD als stärkster Oppositionspartei öffentlich auseinanderzusetzen. Schaltet man dort, am Puls der
politischen Debatte, in den Abwehr-, Krisen- oder Notlagenmodus, ist dies zugleich ein Eingeständnis von Hilflosigkeit: Der Parlamentarismus, wie wir ihnen kennen, ist überfordert. Hier wird
nicht mehr geredet, es wird gekämpft. Das ist ein Zeichen mangelnder Souveränität und vielleicht, auf lange Sicht, ein Beitrag zu jenem Demokratieabbau, wie man ihn sonst der AfD vorwirft.
Der Versuch, die Partei mit Ausschluss und Verdammung zurückzudrängen, hat, milde gesagt, wenig Früchte getragen. Der AfD mit anderen Strategien beizukommen – ohne sie zu umarmen – wäre ein
Projekt für diese Legislatur. Dass der Verfassungsschutz die Partei als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft hat und weiterhin beobachten wird, ändert daran nichts. Es wird dauern, bis
Gerichte die Einstufung bestätigen. Das jetzt bekannt gewordene Gutachten spricht zudem nicht für, sondern eher gegen ein Parteiverbot. Es ist ihre mit völkischen Tönen unterlegte Hetze
gegen Migranten und Muslime, die die Partei unmöglich macht. Auf anderen Ebenen der freiheitlich demokratischen Grundordnung bleibt die AfD ein Verdachtsfall, mehr nicht. Darauf ein Verbot
zu gründen und gleichzeitig im Ansatz diejenige Migrationspolitik zu machen, die die AfD seit langem fordert – dieser Widerspruch würde Glaubwürdigkeit kosten, und nicht nur AfD-Wähler
würden ihn bemerken.