Verfassungsschutz berlin warnt vor wachsender gefahr: rechtsextremisten und salafisten vereint im hass auf queere

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In seinem Jahresbericht widmet sich der Berliner Verfassungsschutz der wachsende Homo-, Trans- und Queerfeindlichkeit. Ein bestimmendes Thema war auch der Nahostkonflikt. Rechtsextremisten


und Islamisten vereint eine zunehmende Homophobie, Trans- und Queerfeindlichkeit. Zu diesem Befund kommt der Berliner Verfassungsschutz in seinem am Dienstag vorgestellten Jahresbericht für


2024. Zugleich warnt der Nachrichtendienst davor, dass queerfeindliche Propaganda vermehrt zu Gewalt führt. Rechtsextremisten und Salafisten schürten geradezu Hass auf queere Menschen. Für


den Verfassungsschutz sind das „elementare Angriffe auf die Menschenwürde“, heißt es in dem Jahresbericht. „Von den Aktivitäten verfassungsfeindlicher Gruppierungen sind immer wieder


gesellschaftliche Minderheiten betroffen, die diffamiert, beleidigt und attackiert werden. Im Fokus von Verfassungsfeinden stehen dabei wiederholt Homosexuelle, queere Menschen und


Transpersonen“, sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD). „Dass Menschen aufgrund ihres Aussehens, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer politischen Meinung angegriffen werden, ist


unerträglich und mit den Werten unserer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft unvereinbar“, sagte die Senatorin. „Dem werden wir uns weiterhin mit aller Entschlossenheit und allen


uns zur Verfügung stehenden Mitteln entgegenstellen.“ Während Rechtsextremisten und die „Neue Rechte“ bislang auf ethnische Identitätspolitik und Rassismus setzen, greifen sie nun vermehrt


Angehörige der queeren Szene an – auch mit Gewalt, etwa bei Demonstrationen zum Christopfer-Street-Day (CSD). Von einer „Einstiegsdroge in den Rechtsextremismus“ sprach


Verfassungsschutz-Chef Michael Fischer am Dienstag mit Blick auf die wachsende Feindseligkeit gegenüber homosexuellen Menschen. Damit knüpften Rechtsextremisten direkt an Verfolgung


Homosexueller durch die Nationalsozialisten im Dritten Reich an. Zu diesem Ergebnis kommt der Berliner Verfassungsschutz in seinem Jahresbericht 2024. Empfohlener redaktioneller Inhalt An


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Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können. SALAFISTEN PROPAGIEREN MORD VON HOMOSEXUELLEN Für die Rechtsextremisten gelten queere Menschen als „fremd“, „pervers“, Träger von


Krankheiten, gefährlich für Kinder und schädlich für den Erhalt des sogenannten ethnisch homogenen Volkskörpers. Aus dieser Sicht ist Queerness Teil eines größeren Plans von Eliten und


Medien zum „großen Austausch“ und zur Zersetzung des Volkes. Auf der anderen Seite stellt der Nachrichtendienst auch eine verstärkte Bedrohung queere Menschen durch Islamisten fest. So wurde


die liberale „Ibn-Rushd-Goethe-Moschee“, in der auch Homosexuelle als Gemeindemitglieder willkommen sind, zum Ziel jihad-salafistischer Propaganda. Aus dem Umfeld des „Islamischen Staat


Provinz Khorasan“ (ISPK) in Afghanistan wurde die Moschee mehrfach angegangen, etwa als „Ort der Teufelsanbetung“ und als Versuch von Juden und Christen bezeichnet, den islamischen Glauben


zu korrumpieren. Die Moschee wurde auch als Ziel „für Anschläge auf Deutschland als Vergeltung für die Muslime“ benannt. Generell wird in der Propaganda auch Bezug genommen darauf, wie der


„Islamische Staat“ (IS) in Irak und Syrien Homosexuelle brutal umbrachte. In der salafistischen Szene in Berlin stößt das auf Widerhall und führt zur Radikalisierung. Vor allem muslimische


Jugendliche sollen angesprochen werden. Der Verfassungsschutz verweist auf Aufrufe zur Gewalt gegen Homosexuelle nach der Scharia, tiefgreifende Verachtung und Aggressionen. ISLAMISTEN


WITTERN ZERSTÖRUNG DES ISLAM In Predigten und beim Islamunterricht werde die Förderung der Rechte queerer Menschen als Versuch der Zerstörung des Islam durch den Westen dargestellt. Als


Beispiel nennt der Verfassungsschutz den islamistischen Hassprediger und Influencer Abul Baraa, bürgerlich Ahmad Armih. Aber auch gemäßigtere Islamisten wie die Muslimbrüder propagieren


offen Queerfeindlichkeit. > Wenn wir auf das vergangene Jahr zurückblicken, müssen wir leider > konstatieren, dass der Druck auf unsere Demokratie nicht kleiner > geworden ist. IRIS


SPRANGER (SPD), Innensenatorin Auch bei anderen Phänomenen beobachte der Verfassungsschutz eine wachsende Gefahr für die Sicherheit. „Wenn wir auf das vergangene Jahr zurückblicken, müssen


wir leider konstatieren, dass der Druck auf unsere Demokratie nicht kleiner geworden ist“, sagte Spranger. „Gefährdungs- und Bedrohungspotenziale haben in nahezu allen verfassungsfeindlichen


Phänomenbereichen zugenommen.“  KINDER UND JUGENDLICHE WERDEN FRÜH RADIKALISIERT Etwa beim sogenannten auslandsbezogenen Extremismus. Die Entwicklungen in Nahost nach dem Angriff der


islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hatten Folgen für die Sicherheitslage in Berlin – bis hin zu Brandanschlägen und Gewalt. Für säkulare Palästina-Anhänger und Islamisten war


es das zentrale Thema, es kam vermehrt zu israelfeindlichen und antisemitischen Straf- und Gewalttaten. Zudem stellte der Verfassungsschutz bei den Demonstrationen und Aktionen an


Hochschulen eine „zunehmende Radikalisierung von israelfeindlichen Einzelpersonen und Kleingruppen“ fest, befeuert durch die sozialen Medien und Influencer. Es kam zu Angriffen auf


Polizisten, Journalisten und Gegendemonstranten. ANHÄNGER DER BDS-KAMPAGNE in Berlin „lehnen das Existenzrecht Israels ab“. Erstmals stuft der Verfassungsschutz die Gruppe Bewegung „Boycott,


Divestment and Sanctions“ als erwiesen extremistisch ein. Im Jahresbericht wird sie als „anti-israelisch-antisemitisch“ bezeichnet. Die etwa 30 Anhänger der BDS-Kampagne in Berlin „lehnen


das Existenzrecht Israels ab“ und forderten die „Vernichtung der Zionisten“. „Die Bedeutung der Gruppe für die anti-israelische Szene hat deutlich zugenommen“, erklärte Fischer dazu.


Regelmäßig wird der Terror der Hamas verharmlost, offen Israelhass verbreitet, Israels Existenzrecht negiert und Zionismus als „krankhafte Idee“ bezeichnet. Kern dieser Szene sind


ausländische Extremisten wie der verbotenen Gruppe „Samidoun“, aber auch Islamisten und Teile der linksextremistischen Szene. Teils sympathisieren die rechtsextremistischen „Grauen Wölfe“


auch mit der Hamas. ZUWACHS BEI ISLAMISTEN Islamisten bekamen 2024 Zulauf, die Szene wuchs um 60 auf 2440 Personen. Den größten Teil mit 1110 Personen machen Salafisten aus. Die


Gefährdungslage in der Hauptstadt ist laut Verfassungsschutz weiter hoch. Im Visier der Islamisten seien „weiche Ziele“, also Feste, Konzerte und Sportevents. International nahmen Islamisten


auch die Fußball-EM im vergangenen Jahr ins Visier, ausdrücklich wurde auch Berlin als Ziel genannt. Statt komplexer Anschlagspläne setzen die Islamisten eher auf „Low-Level-Attacks“:


Anhänger sollen mit einem „individuellem Jihad“ Ungläubige in ihren Heimatländern bekämpfen. Ihre Propaganda-Aktivitäten richten die Salafisten immer stärker auf Kinder und Jugendliche aus –


vor allem über Social-Media-Plattformen und Messengerdienste. Der Verfassungsschutz sieht die Gefahr, „dass durch die Indoktrination mit salafistischem Gedankengut die Basis für eine


extremistische Weltanschauung gelegt wird“. In Berlin schneiden Salafisten ihr Unterrichtsangebot sogar eigens auf Mädchen im Alter unter zehn Jahren zu. DIE NEUE RECHTE Beim


Rechtsextremismus fällt auf, dass neben der dominieren Kleinpartei „Der Dritte Weg“, die über Kampfsport Nachwuchs rekrutiert, neue und losere Gruppen über die sozialen Medien entstehen. Sie


sind jung, gewaltaffin, vernetzt – und im Internet turbo-radikalisiert. Der Verfassungsschutz glaubte erst an ein Internetphänomen, ein paar verirrte Jugendliche, die Hitler-Memes teilen.


Heraus kam eine Welle der Gewalt – gegen politische Gegner und queer Menschen. Der Tagesspiegel hatte mit umfangreichen Recherchen maßgeblich dazu beigetragen, dass neue Phänomen bekannt


wurde. Insgesamt werden dem rechtsextremistischen Spektrum mit 1450 gleichbleibend viele Personen zugerechnet, dazu zählen auch 150 „Reichsbürger und Selbstverwalter“. 790 Rechtsextremisten


gelten als gewaltorientiert. Die linksextremistische Szene ist indes weitgehend gespalten – Gründe sind der Nahost-Konflikt und die anti-israelischen Proteste. Dogmatisch-linksextremistische


Kleinstgruppen kooperierten eher mit anti-israelischen Extremisten, Autonome und Post lehnen den Israelhass dagegen überwiegend an. Insgesamt wuchs die Szene um 100 auf 3800 Personen. Als


gewaltorientiert gelten 600 Linksextremisten. Starken Zuwachs erfuhr der Rechtshilfeverein „Rote Hilfe“, der für linksextremistische Straftäter Hilfe durch Anwälte organisiert. Auch


Trotzkisten bekamen durch ihre israelfeindlichen Aktionen Zulauf. Klassische Gruppen wie die Autonomen verloren an Bedeutung. Eine Gefahr sieht der Verfassungsschutz, weil sich


gewaltorientierte Linksextremisten wegen der stagnierenden Entwicklung verstärkt in geheimen Kleinstgruppen organisieren. Als Beispiel werden „Öko-Anarchisten“ genannte, die Brandanschläge


auf Bahnanlagen, Zementfirmen und Firmen verübten.