Astronomie: ferner planet hat zwei sonnen

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"Star Wars"-Fans können sich in etwa vorstellen, wie es auf dem Planeten aussieht, den Astronomen jetzt entdeckt haben: Er umkreist nicht einen, sondern gleich zwei Sterne - so wie


der Planet Tatooine, auf dem Luke Skywalker in der Science-Fiction-Saga groß geworden ist. Ganz so wie auf Tatooine sieht es auf dem Exoplaneten namens Kepler-16b allerdings nicht aus: Er


ist kein kleiner, lebensfreundlicher Felsbrocken, sondern ein Gasriese von den Ausmaßen des Saturns. Und er ist kalt. Seine beiden Heimatsterne sind wesentlich kleiner als unsere Sonne,


weshalb auf dem Gasplaneten vermutlich frostige minus 75 bis minus 100 Grad Celsius herrschen. Es ist nicht das erste Mal, dass Astronomen Hinweise auf einen Planeten finden, der um zwei


Sonnen kreist. Aber es ist der erste Trabant eines Doppelsterns, der von der Erde aus gesehen genau vor seinen beiden Sternen vorbeizieht und sich damit direkt nachweisen lässt.


"Kepler-16b ist das erste bestätigte, unzweideutige Beispiel für einen zirkumbinären Planeten - einen Planeten, der nicht einen, sondern zwei Sterne umkreist", sagt Josh Carter vom


Harvard-Smithsonian-Zentrum für Astrophysik (CfA), einer der beteiligten Forscher. PLANET UMKREIST ZWEI LEICHTGEWICHTE Wie die Gruppe um Laurance Doyle vom kalifornischen Seti-Institut im


Wissenschaftsjournal "Science" schreibt, ist Kepler-16b rund 200 Lichtjahre von der Erde entfernt. Einer seiner Heimatsterne hat ein Fünftel der Masse unserer Sonne, der andere


zwei Drittel. Sie sind rund 35 Millionen Kilometer voneinander entfernt und umrunden sich gegenseitig in 41 Tagen. Der Planet zieht weiter außen seine Bahn. In etwa 105 Millionen Kilometern


Abstand benötigt er für einen Umlauf 229 Tage. Damit ähnelt sein Orbit dem der Venus, dem unserer Sonne zweitnächsten Planeten. Aus den Beobachtungen schließen die Astronomen, dass der neu


entdeckte Planet zwar in etwa so groß ist wie der Saturn, seine Dichte aber rund ein Drittel höher ist. "Das deutet auf einen größeren Anteil von schweren Elementen hin", so die


Forscher. In seinem Inneren befinde sich wahrscheinlich ein fester Kern aus 40 bis 60 Erdmassen Eis und Gestein. Er mache rund die Hälfte der Planetenmasse aus, die andere Hälfte entfalle


auf die Gashülle. Die Bahnen von Kepler-16b und den beiden Sternen liegen bis auf 0,4 Grad genau auf einer Ebene. "Diese extreme Übereinstimmung legt nahe, dass der Planet einst


zusammen mit den Sternen entstand", glauben die Astronomen. Er sei daher höchstwahrscheinlich nicht nachträglich von den beiden Sternen eingefangen worden. Zur Entstehung von Planeten


in Doppelsternsystemen habe es bisher nur Theorien gegeben. Jetzt könne man erstmals ein solches System direkt beobachten und so die Vorhersagen prüfen. VON SCIENCE-FICTION ZUR REALITÄT Die


Astronomen waren mit dem Weltraumteleskop "Kepler" der US-Raumfahrtbehörde Nasa auf den fernen Planeten gestoßen. Das Teleskop überwacht die Helligkeit von rund 155.000 Sternen in


den Sternbildern Leier und Schwan und kann winzige Schwankungen in der Helligkeit von Sternen messen. Sie entstehen, wenn ein Objekt von der Erde aus gesehen genau vor einem Stern


vorbeizieht und ihn damit ein klein wenig abschattet. Bei einem Doppelsternsystem registriere man normalerweise zwei solcher Vorüberläufe, einen für jeden Stern. Doch bei Kepler-16 habe man


vier regelmäßig auftretende Abdunkelungen beobachtet, berichten die Astronomen. Das belege, dass dort ein weiteres Objekt existiere, das nicht nur einen der Sterne, sondern alle beide


umkreise. Weitere Messungen hätten dann Rückschlüsse über Masse, Größe und Dichte des Planeten ermöglicht. "Die Entdeckung ist verblüffend", kommentierte Astronom Alan Boss aus dem


Forscherteam. "Wieder einmal hat sich etwas, das zuvor nur in der Science-Fiction existierte, als Realität herausgestellt." mbe/dpa/dapd