Wollust im weissen haus: "ich muss dich berühren, sonst platze ich"

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Washington - "Ich muss Dich berühren, sonst platze ich." Dieses Bekenntnis schrieb der spätere US-Präsident Ronald Reagan Anfang der sechziger Jahre seiner Frau Nancy. Theodore


Roosevelt war platonischer: "Ich verehre Dich so sehr, dass ich es fast als Entweihung empfinde, Dich zu berühren", schrieb er fünf Tage vor der Hochzeit an Alice Lee. Lyndon


Johnson ließ als junger texanischer Kongressabgeordneter seine angebetete Lady Bird am Valentinstag wissen: "Heute Morgen bin ich voller Ehrgeiz, Stolz und Energie und wahnsinnig


verliebt in Dich." Ein jüngst in den USA erschienenes Buch gibt einen tiefen Einblick in das Liebesleben von Präsidenten vor und während ihrer Amtszeit im Weißen Haus. Gerard W. Gawalt,


Historiker an der Bibliothek des Kongresses, hat zahlreiche Schriftstücke zusammengetragen und veröffentlicht unter dem Titel "My Dear President: Letters Between Presidents and Their


Wives" (Mein lieber Präsident: Briefe zwischen Präsidenten und ihren Ehefrauen). Deutlich wird dabei, dass auch die "harten Männer" an der Spitze des Staates im Privatleben


einem breiten emotionalen Spektrum menschlicher Beziehungen ausgesetzt sind. Liebe, Sehnsucht und Wollust spielen ebenso eine Rolle wie Streitsucht und Ehebruch mit allen seinen Folgen. Da


gibt es Präsidenten, die ihre Frauen leidenschaftlich verehrten und ihnen dennoch untreu waren. Und es gibt recht unterkühlte Beziehungen, die offensichtlich nur dem Zweck dienten, die


politische Karriere des Mannes zu fördern. VON NATUR AUS TYRANNISCH? Die Frauen wiederum waren sich ihrer besonderen Rolle als Gefährtin eines aufstrebenden Politikers durchaus bewusst und


ließen dafür so einiges über sich ergehen. Lady Bird gab sich großzügig mit Blick auf die Affären von Lyndon Johnson und tat sie als "schmutziger Fussel auf der Hochzeitstorte" ab.


Lucretia Rudolph reagierte dagegen wütend, als sie erfuhr, dass ihr Verlobter James Garfield ihr untreu war. Sie heiratete ihn trotzdem, und Garfield zog 1881 ins Weiße Haus ein. Wenige


Monate später wurde er ermordet. Kritischen Verstand stellte Abigail Adams unter Beweis, die Frau des zweiten US-Präsidenten John Adams. Dieser arbeitete 1776 an der amerikanischen


Unabhängigkeitserklärung, in der die Gleichheit aller Menschen postuliert wird. Daraufhin schrieb Abigail an ihren Mann: "Die Wahrheit ist, dass Dein Geschlecht von Natur aus tyrannisch


ist. Kluge Männer haben es allerdings stets verabscheut, Frauen nur als Sklavinnen zu behandeln." Autor Gawalt hat nun 184 Briefe oder Telegramme veröffentlicht, nachdem er in der


"Library of Congress" fast 5000 Schriftstücke von 23 Präsidenten gesichtet hatte. Dazu gehören auch Liebesbriefe von der Front, denn viele spätere Präsidenten waren in ihrer Jugend


Soldaten. "Ich bin immer nur tieftraurig", schrieb etwa Ulysses Grant an Julia Dent. Grant war 1848, zwei Jahrzehnte vor seiner Präsidentschaft, im amerikanisch-mexikanischen


Krieg im Einsatz. BITTE ETWAS LIEBEVOLLER SCHAUEN, DIE DAME! "Was mir am meisten aufgefallen ist, ist der frühe Zeitpunkt, zu dem die Frauen bereits eine Schlüsselrolle für die Karriere


ihrer Männer einnahmen", sagt der Historiker Gawalt über seine Studien. "Es handelt sich durchweg um sehr willensstarke Frauen." Dies gilt besonders für Eleanor Roosevelt.


Sie förderte ihren Mann weiter, als dessen Affäre mit der Sekretärin Lucy Mercer bekannt wurde - 15 Jahre vor seinem Einzug ins Weiße Haus. Doch die Leidenschaft war aus der Beziehung ein


für alle Mal verflogen, wie Gawalt aus den rein geschäftlich gehaltenen Briefen ersehen konnte. Aufschlussreich ist auch ein Schreiben von George Bush, dem Vater des jetzigen US-Präsidenten,


an seine Frau Barbara. Während seines Präsidentschaftswahlkampfs 1988 bittet er sie, ihn bei wichtigen Fernsehauftritten etwas liebevoller anzuschauen. Er übe das schließlich auch schon die


ganze Zeit, um bei den Zuschauern besser anzukommen. Der Brief ist unterschrieben mit: "Your sweetie pie coo coo. Love 'ya GB" (Dein süßer kleiner Schatz gurr gurr. Lieb Dich


GB). _Calvin Woodward, AP_