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Wie viel Fisch es in europäischen Meeren gibt, wird systematisch überschätzt, und Fangquoten werden selbst dafür noch zu hoch angesetzt. Forschende schlagen vor, wie die systematische
Überfischung beendet werden könnte. Eine politisch unabhängige Institution könnte die Überfischung europäischer Gewässer beenden. Derzeit würden die europaweiten Fangquoten zu stark von
nationalen Interessen beeinflusst und daher systematisch zu hoch angesetzt, berichten Forschende im Fachmagazin „Science“. Mit ökosystembasierten Managment könnten dagegen innerhalb weniger
Jahre gesunde Bestände rentabel befischt werden. Doch davon ist man derzeit weit entfernt: Etwa 70 Prozent der wirtschaftlich genutzten Fischbestände in den nördlichen EU-Gewässern sind
überfischt oder komplett zusammengebrochen – trotz guter Datenlage und vorhandener politischer Instrumente, die Fischerei einzuschränken. TENDENZ ZUR ÜBERSCHÄTZUNG „Umweltfaktoren wie die
Erwärmung der Meere und der Sauerstoffverlust spielen ebenfalls eine Rolle“, sagt der Erstautor Rainer Froese vom Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel. Aber die Überfischung
sei so stark, dass sie dazu ausreicht, Bestände zusammenbrechen zu lassen, so der Fischereiexperte. „Wir haben die Ursachen analysiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass sie auf
kurzsichtige nationale Forderungen nach höheren, nicht nachhaltigen Fangmengen zurückzuführen sind“, sagt Froese. Für ihre Studie haben sie sich auf die westliche Ostsee konzentriert. Sie
ist ein relativ einfaches Ökosystem, für das umfangreiche Daten vorliegen und das ausschließlich von EU-Mitgliedstaaten unter EU-Kontrolle befischt wird. Im Jahr 2022 wurde dort von den drei
kommerziell genutzten Arten Dorsch, Hering und Scholle insgesamt weniger als ein Zehntel dessen angelandet, was aus gesunden Beständen nachhaltig gefangen werden könnte, teilte das Geomar
mit. „Die tatsächlichen Fänge in der Ostsee blieben meist unter den erlaubten Mengen“, berichtet Froese. Viele Fischer konnten oder wollten nicht mehr fangen. „Die Suche nach den letzten
Fischen hätte sich nicht mehr gelohnt.“ Die Forschenden schlagen vor, eine neue, politisch unabhängige Institution mit dem klaren Mandat für ein ökosystembasiertes Fischereimanagement
auszustatten. „Um erfolgreich zu sein, müsste eine solche Einrichtung für nachhaltige Fischerei mit dem gleichen Maß an Unabhängigkeit arbeiten wie eine Zentralbank“, sagt Froese. Sie solle
nicht nur den Zustand einzelner Fischbestände bewerten, sondern die Wechselwirkung zwischen Arten, ihren Lebensräumen und Umweltfaktoren wie dem Klimawandel und Wasserqualität
berücksichtigen. Froese erwartet: „Die Umsetzung fundierter wissenschaftlicher Empfehlungen könnte in vielen Fällen innerhalb weniger Jahre zu einer hochprofitablen Fischerei aus großen
Fischbeständen in gesunden europäischen Meeren führen.“