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Die neue Koalition startet mit großen Ansagen – und großer Erwartung. Warum Zuversicht jetzt zählt, Symbolik gar nicht so unwichtig ist, es aber auch echte Zumutungen braucht. Alles nur
Symbolpolitik? Vieles vollkommen unseriös? Diesen Standpunkt kann man angesichts des ehrgeizigen „Sofortprogramms“ vertreten, das die neue Bundesregierung noch vor der Sommerpause
durchsetzen will. Wer das tut, verkennt allerdings die Macht der Gefühle und selbsterfüllender Prophezeiungen. Was bitte soll die Regierung denn alternativ tun? Sich kollektiv seufzend schon
zum Start zurücklehnen nach dem Motto „Nützt ja nichts, alles schrecklich“? Nach rund einem Jahr Stillstand in der Bundespolitik ist es gut, dass Schwarz-Rot anpackt. Jetzt ist Zeit für
Tempo. Bis zum 11. Juli, dem Beginn der parlamentarischen Sommerpause, sollte jede Sitzungswoche genutzt werden, um möglichst viel aus dem – dann ja doch wieder bürokratisch seriös benannten
– „Sofortprogramm“ der Bundesregierung umzusetzen. Das klingt übrigens gar nicht so übel und läuft auch gar nicht so schlecht an. Beispiel Migration: Sicher, irgendwann dürften Gerichte
klären, wie stichhaltig die Begründung von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) dafür ist, höhere Hürden für die Einreise von Asylbewerbern zu bauen. MEHR POLITIK SEHEN SIE HIER
Aber: Ein Großteil der Deutschen fordert, dass mehr Legalität in die deutsche Migrationspolitik zurückkehrt, dass europäisches Recht gilt und durchgesetzt wird. Theoretisch dürfte niemand in
Deutschland erstmals Asyl fordern, weil die Bundesrepublik umgeben ist von Staaten, in denen das ebenso möglich wäre. Ausgerechnet Länder wie Polen kritisieren nun das deutsche Vorgehen –
während Polen selbst es ebenso handhabt und zudem argumentiert, viele Migranten wollten ja gar nicht nach Polen, sondern nach Deutschland. Migration dürfe also kein polnisches Problem sein.
Wer all das als Symbolpolitik kritisiert, verkennt, dass es Symbole braucht, um klarzumachen, dass sich in der deutschen Politik gerade etwas grundlegend ändert. Übrigens: Symbole gehörten
schon immer zur Politik. > Entlastungen für Unternehmen und Haushalte, die Förderung kleiner > Firmen mit Potenzial, bessere Infrastruktur, weniger Bürokratie und > geringere
Energiekosten sind notwendig. Stefanie Witte Beispiel Wirtschaft: Nach zwei Jahren Rezession wird auch für dieses Jahr bestenfalls Stagnation erwartet. Indes zündelt der US-Präsident
fleißig. Da sind Entlastungen für Unternehmen und Haushalte, die Förderung kleiner Firmen mit Potenzial, bessere Infrastruktur, weniger Bürokratie und geringere Energiekosten notwendig. Und
sogar in der Energiewende soll es vorangehen: Die Koalitionäre wollen schnell mehr Windräder, mehr Wärmepumpen und die Wasserstoff-Infrastruktur ausbauen. Natürlich handelt es sich bei
Schwarz-Rot trotz all dieser Vorhaben nicht um eine Koalition, die keine Fehler macht und derart gute Laune und Pläne verbreitet, dass die nächsten vier Jahre – wenn es denn vier Jahre
werden – ein Selbstläufer sein werden. Wer mit der vollständigen Agrardiesel-Rückvergütung aus Furcht vor Treckern in Berlin den vielfach nicht gerade armen Landwirten horrende
Steuergeschenke macht, geht wenig verantwortungsbewusst mit dem Geld der Bürger um. > Die Regierung Merz/Klingbeil muss nachfolgenden Generationen wieder > mehr Vertrauen in den Staat
vermitteln. Stefanie Witte Das gilt auch mit Blick auf die Umsatzsteuersenkung in der Gastronomie. Lange nach den letzten Lockdowns kann man darüber nur fassungslos die Hände überm Kopf
zusammenschlagen. Wetten, dass dies den Gästen nicht zugutekommen wird? Und dann ist da noch die Mütterrente, die ein weiteres Loch in der Staatskasse verursachen wird, also Klientelpolitik,
wo eine Strukturreform nötig wäre. Denn es kann nicht nur um bessere Wirtschaftsdaten und bessere Politik im Hier und Jetzt gehen. Die Regierung Merz/Klingbeil muss nachfolgenden
Generationen wieder mehr Vertrauen in den Staat vermitteln. Dazu zählt eine langfristig sichere, auskömmliche Rente, von der Deutschland gerade Lichtjahre entfernt ist. Also: Anpacken bis
zur Sommerpause. Spätestens danach aber braucht es nicht nur Zuversicht und Steuergeschenke, sondern echte Zumutungen. Ab September muss über einen Sparhaushalt verhandelt werden, auch um
politisches Vertrauen bei konservativen Wählern zurückzugewinnen. Und vielleicht schaffen es die Spitzen von CDU, CSU und SPD ja dann sogar noch, eine oder besser noch mehrere kompetente
Frauen in ihre Mitte zu holen. Damit Kinder nicht in dem Bewusstsein aufwachsen müssen, wirklich wichtige Politik könne nur von Männern gemacht werden.