„ich spreche niemanden mehr an – ich akzeptiere das chaos“: so reagiert die tagesspiegel-community auf berlins sperrmüll-chaos und kippenflut

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Berlins Müllproblem ist ein Dauerärgernis. Sollte man achtlose Müllsünder direkt ansprechen oder auf strengere Kontrollen setzen? Die Tagesspiegel-Community ist da gespalten. Eine Debatte


über Verantwortung, Anstand und die Grenzen der Toleranz. In ihrem persönlichen Essay beschreibt unsere Autorin Annette Kögel den Wandel ihrer Haltung gegenüber Berlins Vermüllung: Was in


den wilden 1990ern noch als anarchischer Charme galt, ist heute für sie AUSDRUCK VON GLEICHGÜLTIGKEIT UND FEHLENDEM GEMEINSINN. Mit scharfem Blick analysiert sie das Verhalten der


„Müllsünder“ – vom achtlosen Wegwerfen der Chipstüte bis zum illegal abgeladenen Sperrmüll – UND STELLT DIE PROVOKANTE FRAGE: _„FÜHLEN SIE SICH HIER NICHT ZU HAUSE?__“_ Doch statt zu


resignieren, handelt sie: Mit pädagogischen Tricks, HUMORVOLLER DIREKTHEIT UND EINER PORTION STURHEIT konfrontiert sie Jugendliche wie Erwachsene. Ihr Ansatz: _nicht_ moralisieren, sondern


überraschen. Aber darf man Fremde überhaupt noch auf ihr Müllverhalten ansprechen – oder gilt das schon als übergriffig? WIE ERLEBEN UNSERE LESERINNEN UND LESER BERLINS MÜLLPROBLEM – und


welche Lösungen scheinen realistisch? Lesen Sie hier eine redaktionelle Auswahl von Stimmen aus der Tagesspiegel-Community. ------------------------- DIOGENES Auch ich habe früher öfter


Leute angesprochen, die Müll auf die Straße geworfen haben - immer freundlich, manchmal mit einem Augenzwinkern. Und ja, manchmal hat das tatsächlich etwas bewirkt. Aber auf Dauer hat mir


das nicht gutgetan. Es fühlte sich zunehmend so an, als wäre ich ständig im Hilfssheriff-Modus unterwegs - beim Müll, beim Radfahren, überall. Dabei habe ich gemerkt, dass mir das


Wesentliche entgleitet eine gelassene, offene Haltung gegenüber der Stadt und den Menschen. Heute spreche ich niemanden mehr direkt an, weder wegen Müll noch wegen rücksichtslosen Verhaltens


im Verkehr. Ich versuche, das große Ganze im Blick zu behalten und die Stadt einfach so zu akzeptieren, wie sie ist - chaotisch, nervig, aber auch lebendig und voller Geschichten.


------------------------- GREY Leider ist das so normal geworden, seinen Müll einfach auf die Straße zu werfen. Die BSR gibt schon ihr Bestes, aber z. T. sind an manchen Orten Mülleimer zu


selten geleert oder zu klein. Im Kern ist es aber ein Mentalitätsproblem und der Spermüll gehört anders organisiert in dieser Stadt. ------------------------- BERLIN_MARC Wir werden in


dieser Stadt keine besseren, sauberen, lebenswerteren Verhältnisse mehr erreichen, wenn das städtische Personal nicht deutlich aufgestockt wird um auch Müllsünden strenger bzw. überhaupt


sanktionieren zu können. Die steigende Masse an Sperrmüll ist in meinen Augen ein Spiegelbild für den sozialen und gesellschaftlichen Zustand dieser Stadt - es gibt kaum mehr Gemeinsinn. Und


natürlich merken die Leute, dass sie nicht sanktioniert werden. Warum also nicht weiterhin seine halbe Wohnung einfach in die nächste Baumscheibe kippen? In Berlin bleibt das ohne Folgen.


Über Ermittlungserfolge lese ich medial überhaupt nichts. ------------------------- BESTNOTE20 Ich bin in sehr unterschiedlichen Bezirken unterwegs. Auch an den Wartehallen der BVG häufen


sich Flaschen, Kaffeebecher und jede Menge Plastik! Das ist im Grunewald, Bhf.Halensee und am Kurfürstendamm ebenso zu beobachten wie in Hermsdorf oder Wedding. Wobei Glas auf den


Bürgersteigen auch zum Problem werden kann. Die weggeworfenen Zigarettenkippen, die immerhin Gift enthalten und bei Regen in‘s Grundwasser einsickern…scheinen die meisten Raucher kaum zu


stören. Mindestens 4 - 5 € pro Schachtel zusätzlich wären nötig, - um damit die immensen Kosten für die Reinigung durch die BSR zu bezahlen! Warum soll der Steuerzahler weiterhin dafür


aufkommen? Die Tabaksteuer deckt diese Umweltverschmutzung jedenfalls nicht. Die Leute fühlen sich einfach nicht mehr verantwortlich. Weder für sich geschweige für ihre Mitmenschen.


------------------------- NOCHEINER Ich weiß nicht, was mir mehr Unbehagen bereitet. Der Müll auf den Straßen oder selbsternannte Ordnungshüter. Ich glaube, letzteres, insbesondere wenn sie


passiv-aggressiv getrieben auch manches Mal ihren mächtigen Moment feiern. Besser wäre eine Kampagne zur Sensibilisierung, was Achtlosigkeit mit einer Stadt und der Umwelt macht begleitet


von mehr BSR-Personal. Aber bitte keine Bürgerwehren. SCHAEFEA @nocheiner Es geht doch gar nicht um eine Bürgerwehr. Aber warum sollte man niemanden ansprechen, wenn er seinen Müll auf die


Straße wirft. Ein bisschen mehr soziales Feedback und weniger Aggression würde uns mal wieder gut tun und könnte unser zusammenleben verbessern. Und das sollte eben nicht passiv-aggressiv


sein, sondern ganz normaler Umgang miteinander. ------------------------- HARRIERO Es entsteht der Eindruck, dass im Zusammenhang mit illegalem Sperrmüll keine ausreichenden Ermittlungen


durchgeführt werden. Beispielsweise scheint es keine Befragung der Nachbarn oder verdeckte Überwachung wachsender illegaler Müllansammlungen zu geben. Hier sollten spezialisierte Einheiten


beim Ordnungsamt etabliert werden, die in der Lage sind, die Verantwortlichen rechtskräftig zu identifizieren. Neben einem Bußgeld sollten diesen Personen auch die Kosten für die Reinigung


auferlegt werden. > Wenn man sich Berlin so anguckt, könnte man schließlich auch den > Eindruck gewinnen, dass das Abladen von Sperrmüll überall erlaubt > ist. Tagesspiegel-User


Harriero Zudem wäre eine bessere Kommunikation bezüglich der erlaubten und verbotenen Entsorgungsmethoden wünschenswert. Es ist vorstellbar, dass einige Personen ihr verschlissenes Sofa auf


dem Gehweg abstellen, ohne zu wissen, dass sie damit gegen Gesetze verstoßen, da dies in ihrer Herkunftsregion möglicherweise gängige Praxis ist. Wenn man sich Berlin so anguckt, könnte man


schließlich auch den Eindruck gewinnen, dass das Abladen von Sperrmüll überall erlaubt ist. Eine mögliche Lösung wäre die Einführung sogenannter Sperrmülltage, an denen es gestattet ist,


Sperrmüll an bestimmten zugewiesenen Orten abzustellen. Dies hätte zudem den Vorteil, dass einige Gegenstände nicht entsorgt werden müssen, sondern bereits auf der Straße neue Besitzer


finden könnten. KUECHENSCHABE @Harriero Es gibt diese Sperrmülltage, gerade diesen Samstag war ein großer Sperrmülltag an der Zillestraße. Ich habe einen wunderbaren Gründerzeitstuhl mit


total perfektem Geflecht gefunden, hat Wasserschaden, macht nichts, steht jetzt im Hofgarten vor meinem Fenster und sieht wunderschön aus. Dieser Sperrmülltag war win-win, viele trugen hin,


viele trugen weg, es gab Wunderbares zu finden. ------------------------- MEIN_KOMMENTAR2 Die BSR kümmert sich doch inzwischen schon darum, dass der bequeme Bürger nicht mehr zu den Höfen


fahren muss, um den Sperrmüll loszuwerden. Bei uns um die Ecke gibt es ca. alle 2 Monate eine Kiez-Abholung mit vorheriger Ankündigung. Was natürlich niemanden davon abhält, den Sperrmüll


trotzdem einfach abzuwerfen, sonst müsste man die alte Couch ja noch 2 Monate zwischenlagern. ------------------------- SUBEA Je nach Laune und Tagesform versuche ich auch immer mal, nicht


jedes asoziale Verhalten in der Öffentlichkeit zu übersehen. Ich denke, wenn der Kontrolldruck auch durch Mitmenschen höher wird, hält das vielleicht den ein oder anderen doch ab. Allerdings


braucht man schon gute Nerven und hohe Frustrationstoleranz, was mir nicht jeden Tag möglich ist. Und ich suche mir gut aus, WEN ich WANN und WO anspreche, denn lebensmüde bin ich noch


nicht. Traurig, worüber man sich inzwischen in dieser Stadt Gedanken machen muß.