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- Mario Draghi bekommt prominenten Zuspruch für seinen Kurs in der Euro-Krise. Führende Ökonomen haben einen internationalen Aufruf gestartet, um das umstrittene Anleihekaufprogramm der
Europäischen Zentralbank (EZB) zu unterstützen. Genau ein Jahr ist es her, dass Draghi die Wende in der Euro-Krise brachte: Am 26. Juli 2012 versprach der EZB-Chef, alles zu tun, um den Euro
zu retten. Wenig später demonstrierte er, was er damit meinte: Ein unbegrenztes Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen (OMT) sollte die Krisenländer der Euro-Zone vor Pleite-Spekulationen
retten - und die Währungsunion vor dem Zusammenbruch bewahren. Die Ankündigung wirkte sofort - ohne dass die EZB sie wirklich umsetzen musste. Draghis Worte reichten aus, um die Finanzmärkte
zu beruhigen. Doch gerade in Deutschland stieß die Politik der Notenbank auf heftige Kritik. Ökonomen warnten vor Inflation, Juristen sahen die Unabhängigkeit der Notenbank gefährdet.
Mehrere Kläger zogen sogar vor das Bundesverfassungsgericht, um das Anleihekaufprogramm zu stoppen. Das Verfahren läuft noch. Nun hat eine Gruppe von Ökonomen einen Aufruf zur Unterstützung
der EZB-Politik gestartet. Mit dabei sind der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sowie die frühere Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro. Auch
die renommierten Professoren Francesco Giavazzi, Richard Portes und Charles Wyplosz gehören zu den Erstunterzeichnern. Seit Donnerstag wird der Aufruf an Ökonomen in der ganzen Welt
verschickt. "DIE ANGRIFFE SIND SCHÄDLICH FÜR EUROPA" "Wir wollen zeigen, dass es international eine überwältigende Mehrheit für das OMT-Programm gibt", sagte DIW-Chef
Fratzscher SPIEGEL ONLINE. In Deutschland sei die Politik der EZB bisher sehr einseitig dargestellt worden. Fratzscher weiß, wovon er redet. Als er Anfang Juni als Sachverständiger zur
Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geladen war, schien er mit seiner zustimmenden Haltung weitgehend isoliert. Die anderen geladenen Ökonomen, allesamt Deutsche, sahen
das EZB-Programm eher kritisch. Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, warnte damals, Deutschland hafte mit einer dreistelligen Milliardensumme für die Risiken der
Notenbankpolitik. Nun will Fratzscher zeigen, dass der Eindruck aus Karlsruhe täuschte: "Wir haben schon weit über 100 Unterzeichner, viele davon in Deutschland", sagte der frühere
EZB-Ökonom. Auch Nobelpreisträger seien dabei. In dem Aufruf, der SPIEGEL ONLINE vorliegt, zeigen sich die Wissenschaftler "tief besorgt über die Angriffe einiger Ökonomen, Politiker
und Beobachter in Deutschland", die auf die EZB und deren Politik zielten. "Wir betrachten diese Angriffe als inhaltlich falsch, in ihrer Absicht fehlgeleitet und schädlich für
Europa und die Weltwirtschaft." Sie seien weder in europäischem noch in deutschem Interesse. Stattdessen gibt es großes Lob für Draghi und dessen EZB-Kollegen: "Die Ankündigung des
OMT-Programms im Sommer 2012 ist eine der geschicktesten und erfolgreichsten Ankündigungen in der Geldpolitik seit Jahrzehnten." Ohne einen einzigen Euro auszugeben, sei es der EZB
gelungen, das Vertrauen in die Nachhaltigkeit des Euros und die Aussichten der Wirtschaft im Euro-Raum zu verbessern. Das sehen allerdings nicht alle Ökonomen so. Ifo-Präsident Sinn
jedenfalls reagierte verhalten auf den Aufruf: "Niemand bestreitet, dass sich die Kapitalmärkte beruhigen lassen, wenn man den Käufern der südlichen Staatspapiere mit Hilfe des OMT
kostenlosen Versicherungsschutz anbietet", sagte er SPIEGEL ONLINE. Eine solche Lösung sei zwar "für Schuldner und Gläubiger gleichermaßen attraktiv", allerdings nicht für die
Steuerzahler der bislang "noch gesunden Länder Europas". Diese müssten am Ende die Verluste der EZB tragen.