Hotel vier jahreszeiten in hamburg: hotelier ingo peters im interview

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------------------------- * * X.com * Facebook * E-Mail * * * X.com * Facebook * E-Mail * Messenger * WhatsApp * Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig? INGO C.


PETERS, 52, wuchs in Hamburg auf. Als 19-Jähriger begann er nach dem Abitur dort als Page im Hotel Vier Jahreszeiten zu arbeiten. Nach Stationen unter anderem in London, Philadelphia, Boston


und Phuket kehrte er 1997 als Hoteldirektor zurück. 2014 wurde er von der Allgemeinen Hotel- und Gastronomiezeitung als "Hotelier des Jahres" ausgezeichnet. SPIEGEL ONLINE: Herr


Peters, als Direktor des Fünf-Sterne-Hotels Vier Jahreszeiten   haben Sie es mit anspruchsvollen Gästen zu tun. Gibt es bei Ihnen oft Extrawünsche? PETERS: Ja. Bei Popstars bekommen Sie


häufig ganze Listen, was in die Suite muss, Blumen, Möbel, Sportgeräte, Getränke, die wir teils importieren müssen. Das ist manchmal schon skurril. Das Gute ist: Diese Gäste bezahlen für


alles. Wer so was will, hat mit Geld kein Problem. SPIEGEL ONLINE: Hotels spielen in vielen Filmen und Büchern eine besondere Rolle. Können Sie das nachvollziehen? PETERS: Absolut. In


Luxushotels wie diesem treffen Sie Gäste aus allen Schichten, Lebens- und Berufslagen. Vom reichen Unternehmer, der Kleiderbügel herstellt, über Maler, Opernsänger zu Politikern,


Schauspielern und Rockstars. Diese Mischung an Menschen und wie sie miteinander agieren, ist hochinteressant. SPIEGEL ONLINE: Erinnern Sie sich an ein besonderes Erlebnis? PETERS: Als ich


damals das Ritz-Carlton in Philadelphia geleitet habe, hat sich ein Stammgast mal eine obszöne Sache geleistet: ein Kaviar-Wettessen mit einem Food-Kritiker. Da ging es um ein Kilo pro


Person! Und am Ende musste sich einer der beiden übergeben. SPIEGEL ONLINE: Nicht unbedingt sympathisch. PETERS: Sie lernen in diesem Job viele Leute kennen, die Geld haben, aber kein


Benehmen, die Mitarbeiter unmöglich behandeln und die Zimmer so verlassen, dass Sie einen Schock kriegen. Aber es sind auch sehr feine Menschen dabei. Und je prominenter die Gäste sind,


desto normaler wollen sie meistens behandelt werden. SPIEGEL ONLINE: An wen denken Sie zum Beispiel? PETERS: Tom Jones hat nach einem Konzert bei uns schon Ständchen in der Bar gesungen,


ganz ohne Allüren. Und als ein Gast mal einen Riesenaufstand gemacht hat, weil seine von Peter Ustinov belegte Suite noch nicht frei war, hat Sir Peter gesagt, kein Problem, ich packe


schnell meine Sachen - und dann drei Stunden in der Halle gewartet. SPIEGEL ONLINE: Sie selbst leben auch im Hotel. Mit allem Luxus? PETERS: Meine Frau und ich haben hier eine Wohnung, die


so ausgestattet ist wie jede andere auch, mit Waschmaschine, Küche und so weiter. Aber ich habe heute zum Beispiel ein Essen im Hotel gehabt, nachmittags und abends Empfänge - und dann nutze


ich die Fazilitäten gerne. Wenn ich einen freien Abend habe, wird aber selbst gekocht. Manchmal ist das Schönste überhaupt ein Leberwurstbrot. Einfach, aber gut. SPIEGEL ONLINE: Sie sind


zwei von fünf Tagen pro Woche für Ihre Hotelgruppe  in Europa und Nordamerika unterwegs. Was nervt Sie am meisten, wenn Sie Gast in fremden Hotels sind? PETERS: Dieser Überservice, wenn die


Leute alle fünf Minuten vorbeikommen. Wenn die Schlüsselkarten nicht funktionieren, das Internet nicht geht und der Wäschedienst nicht wie besprochen liefert. Da kann der Rest noch so gut


sein: Die Basissachen müssen einfach funktionieren. SPIEGEL ONLINE: Wie verbringen Sie Ihren Urlaub? Auch im Hotel? PETERS: Nein. Ich hasse es, über einen mit Teppich ausgelegten Flur gehen


zu müssen und sieben Etagen mit dem Fahrstuhl nach unten zu fahren. Ich bin lieber in unserem Wochenendhaus an der Ostsee. Da kann ich im Schlafanzug Kaffee trinken, ohne dass ich mich


fertig machen, rasieren oder föhnen muss. Das geht in Hamburg nicht. SPIEGEL ONLINE: Warum? PETERS: Unsere Mitarbeiter arbeiten sieben Tage die Woche in drei Schichten. Wenn die mich sehen,


denken die immer, dass ich on Duty bin, selbst wenn ich eigentlich frei habe. Ich kann als Chef deshalb hier nicht in Ripped Jeans auftauchen und mich so bewegen wie in einem eigenen Haus.


Ich trage Anzug und Krawatte, sobald ich vor die Tür trete. An der Ostsee laufe ich auch zum Einkaufen nur in Gartenlatschen oder Gummistiefeln herum - da interessiert keinen, was ich mache.


SPIEGEL ONLINE: Angefangen haben Sie als Page im "Vier Jahreszeiten ", das Sie heute leiten. Wie kam es dazu? PET ERS: Mein Vater war Architekt, meine Mutter Apothekerin, beide


wollten, dass ich studiere - aber mir war etwas Praktisches lieber. Ich gehe gerne mit Menschen um, ich wollte in eine Management-Position und ich wollte die große, weite Welt sehen. SPIEGEL


ONLINE: Das hat Ihren Eltern bestimmt nicht gefallen. PETERS: Die sind ausgeflippt. "Wofür haben wir dich durchs Abitur gebracht, dass du jetzt Kellner wirst?", hat mein Vater


gesagt. Aber ich habe mich nicht davon abbringen lassen. Mein Ziel war übrigens damals schon, hier Hoteldirektor zu werden - ich habe es bloß keinem gesagt. SPIEGEL ONLINE: Ist das noch


immer ein typischer Karriereweg? PETERS: In Deutschland schon. Hier macht man meistens eine Ausbildung und kombiniert das, wenn man will, mit der Hotelfachschule oder einem Studium. Und dann


arbeitet man sich hoch. SPIEGEL ONLINE: Wie ist das woanders? PETERS: Die Amerikaner zum Beispiel machen meist ein MBA-Programm und haben dann kaum Ahnung vom praktischen Geschäft. Viele


können nicht mal drei Teller tragen! Deswegen sind in der Hotellerie auch so viele Deutsche im Ausland erfolgreich. Das ist einfach kein theoretischer Beruf. SPIEGEL ONLINE: Was ist das


Wichtigste, das man als Hoteldirektor  mitbringen muss? PETERS: Gästen und Mitarbeitern auf Augenhöhe zu begegnen, verschwiegen zu sein. Und man darf nicht zu extrovertiert auf die Menschen


zugehen. Wenn im Laden gleich jemand auf Sie zustürzt, haben Sie ja auch das Gefühl, der will mein Geld oder was auch immer. Man muss also Distanz halten, aber Offenheit ausstrahlen. SPIEGEL


ONLINE: Klingt nicht einfach. PETERS: Nein. Und jeder ist anders. Manche Gäste wollen nur in Ruhe gelassen werden und einchecken, ohne dass ihnen jemand dreimal die Minibar zeigt und wie


der Föhn funktioniert. Andere sind sehr gesprächig und wollen unterhalten werden. Das muss man sofort merken, Körpersprache lesen lernen. Ich weiß mittlerweile, wie jemand drauf ist, sobald


er aus dem Auto steigt, und stelle mich dann darauf ein. Andere lernen das nie. Die machen nach dem Buch alles richtig und damit alles falsch. SPIEGEL ONLINE: Wie hat sich die Branche in den


vergangenen drei Jahrzehnten verändert? PETERS: Die Ansprüche der Gäste sind extrem gestiegen, und die Anforderungen an einen Hoteldirektor sind dreimal so hoch. Früher war er für den


Service zuständig, dass die Halle schön dekoriert war und die Gäste begrüßt wurden. Heute haben Sie haben es mit Third-Party-Owners zu tun. Sie müssen eine Minimum-Rendite erwirtschaften und


Ihre Bilanz herunterbeten können. Da fällt es manchmal schwer, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. SPIEG EL ONLINE: Und das ist? PETERS: Sich um Mitarbeiter und Gäste zu kümmern.


Wenn die Mitarbeiter happy sind, ist der Gast happy, und dann stimmt auch der Umsatz. Vom Analysieren allein werden die Zahlen nicht besser. SPIEGEL ONLINE: Was ist denn die derzeit größte


Herausforderung? PETERS: Mitarbeiter zu finden, die diese Jobs noch machen wollen, die jeden Tag zu jeder Zeit mit Freude arbeiten. Das wird immer weniger. SPIEGEL ONLINE: Woran liegt das?


PETERS: Die Bezahlung ist nicht besonders gut. In einer Bank bin ich viel besser dran. Da habe ich jedes Wochenende, abends und an Feiertagen frei, ich kann meinen Urlaub planen. Bei uns


haben Sie eine Woche Früh- und dann Spätschicht. Die Leute in der Generation Y wollen unkonventioneller arbeiten, mit gutem Auskommen, viel Freiraum und Bewegung. Das ist bei uns schwer


umzusetzen. SPIEGEL ONLINE: Würden Sie sich selbst trotzdem wieder so entscheiden? PETERS: Ja. Ich würde voller Überzeugung alles genau so machen wie vor 35 Jahren. Das ist einfach das, was


mir liegt und Spaß macht - und nur dann kann man auch erfolgreich sein. _Das Interview führte Eva-Maria Träger_ _Das Gespräch mit Ingo C. Peters ist Teil der Reihe "Menschen im


Hotel", für die _ SPIEGEL ONLINE REISE _ Personen befragt, in deren Leben Reisen und Reisende eine besondere Rolle spielen. _ _Lesen Sie hier das Interview mit Big-Wave-Surfer Sebastian


Steudtner._