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Mal rauskommen und etwas anderes erleben? Das erhoffen sich viele von einem Gap Year (Symbolbild)
Ein freiwilliges soziales Jahr an einer Schule, zwei angefangene und wieder abgebrochene Studiengänge und jetzt der Wunsch, eine kaufmännische Ausbildung zu machen. Solche Bewerbungen landen
immer wieder im Posteingang unserer Personalabteilung. In der Regel fallen diese Bewerbungen durch.
Ein Gap Year macht Bewerber:innen nicht grundsätzlich unattraktiv. Doch manchmal deutet sich an dieser Stelle im Lebenslauf schon an: Hier weiß jemand nicht, was er oder sie will.
Aller Anfang ist schwer. Das gilt für Beziehungen, das Leben in einer neuen Stadt und natürlich auch den Berufseinstieg. Wie etabliere ich mich im Team, ohne mich selbst aufzugeben? Wie
beweise ich, was ich draufhabe, ohne die Ellenbogen auszufahren? Und ab wann kann ich eigentlich ein Sabbatical verlangen?
Über diese und ähnliche Themen schreibt in dieser Kolumne Jeannine Budelmann, Jahrgang 1986. Sie ist kaufmännische Geschäftsführerin von HANZA Tech, einem Unternehmen, das industrielle
Elektronik entwickelt und herstellt. Außerdem berät sie als Coachin bei Problemen im Berufsleben.
Soziales Engagement und die Möglichkeit, in einen völlig neuen Alltag einzutauchen, sind gute Argumente für ein Freiwilligenjahr. Allerdings kann ein schlecht vorbereitetes Gap Year auch
Nachteile haben:
Wer sich vor Antritt des Gap Years keine Gedanken gemacht hat, wo es beruflich hingehen soll, läuft Gefahr, einfach irgendetwas zu machen – und daran später nicht mehr anknüpfen zu können.
Zwei Wartesemester für Medizin mit einem sozialen Jahr in einem Palliativzentrum gefüllt zu haben, ergibt im Lebenslauf Sinn. Nach einem Jahr in der Obdachlosenhilfe wird aber das
Mathematikstudium nicht die erste Idee sein, auf die Personaler:innen kämen. Hier müsste man sich in einem Vorstellungsgespräch sehr gut erklären.
Hinzu kommt: Man kann bei der Wahl seiner Ausbildung danebenliegen. Einmal den Studiengang oder das Ausbildungsfach zu wechseln, ist im Grunde nicht weiter tragisch. Wenn dann aber noch ein
Gap Year dazukommt, das in keinem Zusammenhang mit der weiteren Ausbildung steht, sieht der Lebenslauf auf einmal nicht mehr so rosig aus. Statt »vielfältig begabt und interessiert« kann
sich bei solchen Kandidat:innen der Eindruck ergeben, dass sie keinen wirklichen Plan hatten von dem, was sie so tun.
Aber: Das alles soll nicht von einem Gap Year abschrecken. Denn so eine Auszeit kann neben Spaß auch persönliche Bereicherungen bringen, die die Nachteile aufwiegen: Freunde fürs Leben,
Verständnis für andere Kulturen und unvergessliche Erlebnisse sind nur einige davon.
Auch wenn das Gap Year als Auszeit gedacht ist: Es ist klug, schon davor im Blick zu haben, wie es danach weitergehen soll. Außerdem sollte man sich klar werden, was genau man sich von dem
Gap Year erhofft – und wie man das konkret umsetzen kann. Möchte ich praktische Erfahrungen in einem Berufsfeld sammeln? Eine Sprache lernen? Eine Kultur kennenlernen? Dann fällt es
leichter, diese Zeit inhaltlich passend auszurichten.
Ein Gap Year, das auch für den weiteren beruflichen Lebenslauf sinnvoll ist, sollte im Idealfall eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
In dem Bereich angesiedelt sein, in dem ich mich später sehe: Dabei muss der Berufswunsch noch nicht einmal besonders konkret sein. Aber man sollte schon wissen, ob man sich beispielsweise
in einem sozialen Beruf sieht oder in den Naturwissenschaften. Wenn ich etwa Lehrer:in oder Erzieher:in werden möchte, kann ein Jahr als Au-pair in Brasilien Sinn ergeben.
Mir eine Kompetenz bieten, die ich noch nicht habe: Während eines Freiwilligenjahrs im Denkmalschutz können beispielsweise angehende Architekturstudierende handwerkliche Fähigkeiten
erlernen. Möchte ich später in der Wirtschaft Karriere machen, kann ein Gap Year an einer Sprachschule in China den Lebenslauf aufwerten.
Eine Belohnung für besondere Leistung: So kann etwa ein Jahr Weltreise nach einem hervorragenden Uni-Abschluss schlüssig begründet werden: Ich habe ein hervorragendes Ergebnis eingefahren,
jetzt mache ich etwas, was ich immer schon mal tun wollte. Danach komme ich zurück ins »echte Leben«.
Einen im Privaten weiterbringen: Auch Hobbys sind Bestandteil des Lebenslaufs. Wer beispielsweise Hochleistungssport betreibt und sich ein Jahr für ein besonders intensives
Vorbereitungstraining auf eine Meisterschaft nimmt, braucht sich nicht zu verstecken. Das kann illustrieren, dass man sich wirklich hinter etwas klemmt – auch beruflich eine wünschenswerte
Eigenschaft.
Kurzum: Wenn ich eine Auszeit ganz bewusst mit etwas Sinnstiftendem fülle und mich dabei selbst nicht aus den Augen verliere, dann ist dieses Jahr ein Gewinn für alle – auch für den
Lebenslauf.
Mal rauskommen und etwas anderes erleben? Das erhoffen sich viele von einem Gap Year (Symbolbild)