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DopingGelassenheit im Hause BaumannObwohl es Ungereimtheiten bei einer seiner Urinproben gab, will der des Dopings verdächtigte Dieter Baumann deswegen keinen weiteren
"Nebenkriegsschauplatz" eröffnen.31.05.2000, 16.16 UhrZur Merkliste hinzufügen X.com Facebook E-Mail Link kopieren Weitere Optionen zum Teilen X.com Facebook E-Mail Messenger WhatsApp Link
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Dieter Baumann: "Der Bakterienverfall hat später eingesetzt"
Foto: DPATübingen - In seiner ersten Reaktion wollte Baumanns Anwalt Michael Lehner noch das ganze Dopingverfahren in Frage stellen, doch dann erschloss er sich, "keinen Nebenkriegsschauplatz zu
eröffnen". Sein Mandant wertete die peinliche Tatsache, dass in seiner spektakulären Affäre eines der wichtigsten Beweisstücke unbrauchbar geworden ist, ganz nüchtern. "Das betrifft ja nicht
die A- und B-Probe der offiziellen Messung, nicht das Dopingverfahren. Der Bakterienverfall hat später eingesetzt", sagte er im ARD-Hörfunk.
Die Reaktion wäre vielleicht ganz anders ausgefallen, wenn es nicht zusätzlich zu der in Köln analysierten Probe vom 12. November 1999 noch den positiven Test vom 19. Oktober gäbe. Diesen
hatte das ebenfalls vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) akkreditierte Labor in Kreischa in A- und B-Probe positiv befunden. Also gilt Baumann, unabhängig von der Frage, was in Köln
inzwischen mit seinem Urin passiert ist, so oder so als überführt.
Helmut Digel, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), fordert Aufklärung durch dieAnti-Doping-Kommission des Deutschen Sportbundes (DSB) hinsichtlich der Frage, wie
Dopingproben im Labor zu behandeln sind. Digel: "Es ist wichtig, dass sich Verbände auf ihre Partner verlassen können. Hier müsste das IOC klären, wie Labors in Zukunft zu arbeiten haben.
Aber leider beantwortet Alexandre de Merode als Vorsitzenderder Medizinischen Kommission solche Fragen nicht."
Dass Urinproben sicherer gelagert werden müssen, scheint außer Zweifel zu stehen. Dies macht der Fall Baumann an einem anderen Beispiel zusätzlich deutlich. Das bei ihm ebenso wie bei den
Sprintstars Merlene Ottey (Jamaika) und Linford Christie (Großbritannien) gefundene Nandrolon gilt als umstritten. Derzeit laufen Forschungen, die schon in wenigen Monaten eine nochmalige
Analyse des Urins notwendig machen könnten. Aber im Fall Baumannist er einerseits verseucht und außerdem weitgehend aufgebraucht.
Wilhelm Schänzer, Chef des Kölner Dopinglabors, ist sich jedenfalls keiner Schuld bewusst. "Die Probe wurde nach den IOC-Vorschriften bei vier Grad gelagert. Sie muss drei Monate aufgehoben,
aber nicht tiefgefroren werden", sagt Schänzer. Dennoch sei sie nun durch Bakterien zersetzt. Einen solchen Fall habe es in den letzten zehn Jahren nicht gegeben, dabei würden jährlich 100
bis 120 positive Proben aufgehoben.
Dass die Probe vertauscht worden sein könnte, streitet Schänzer ab. Dies glaubt jedoch sein wissenschaftlicher Kollege Fritz Sörgel vom Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische
Forschung (IBMP) in Nürnberg. Sörgel, der ein Gutachten für die Staatsanwaltschaft Tübingen erstellte, konnte nur eine der beiden Kölner Proben (A und B) verwerten. Er stellte
"unterschiedliche Inhaltsstoffe" fest (Natrium, Kalium, Kalzium, Chlorid) und erkannte keine Anzeichen für eine bakterielle Zersetzung.
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