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Scheveningen/Bloemendaal - "Wir bieten unseren Gästen alles, vom Brötchen mit Schokostreuseln bis zum Champagner mit Austern", sagt Monique de Jong vom Strandclub "Wij".
Das "Wir" nahe der Hafeneinfahrt von Scheveningen ist eine von 60 Strandgaststätten. Damit dürfte das Seebad den Rekord an Strandclubs halten; insgesamt öffnen an der
niederländischen Nordseeküste in den Sommermonaten 325 Pavillons ihre Türen. Von Mitte März bis in den Oktober hinein haben die Pavillons Saison. Sie versorgen die Badeurlauber mit kühlen
Drinks, warmen Speisen und in vielen Fällen auch mit Sonnenschirmen, Strandliegen und Badetüchern. Dieses Angebot gilt an den Badestränden Europas als einzigartig. Während die Buden in
Scheveningen jede Sommersaison aufs Neue im Sand errichtet werden, thronen die Pavillons in der niederländischen Provinz Zeeland ganzjährig auf Holzpfählen. Cees Pluimgraaf vom Scheveninger
Strandpavillon "Beachcompany" kennt die bunt bemalten Buden seit seiner Kindheit. "In Scheveningen, Zandvoort und in Domburg boten die ersten Gastwirte ab 1950 in Holzhütten
Limonade und kleine Speisen an", erzählt der 52-Jährige. "Nachmittags gab es Apfelkuchen mit Schlagsahne, mittags und abends beispielsweise Strammen Max, Bitterballen und
Pommes." STEAKS STATT SCHOLLE Auch Martin von den Berg erinnert sich gern an diese Zeit. "Anfangs haben wir die Limonade noch mit Stangeneis gekühlt, das wir vom Fischereihafen
holten", sagt der 62-jährige Seniorchef des "Peukie" in Scheveningen. Heute hat sein 36-jähriger Sohn Michel den Pavillon unterhalb des Kurhauses übernommen. Aus der
ehemaligen hölzernen Strandbude ist ein großzügiges Restaurant mit 240 Sitzplätzen geworden, in dem an heißen Sommertagen vier Köche Steaks grillen. "Früher war Scholle mit Pommes der
Renner, heute muss es schon etwas anderes sein", sagt der Senior. Doch nicht nur die Speisekarten der Strandpavillons haben sich geändert. Die Gastgeber an der niederländischen Küste
lassen sich allerhand einfallen, um die Gäste nach dem Bad in den Nordseewellen anzulocken. So gleicht das Ambiente manch eines Strandpavillons heute einer Lounge, in der edle Hölzer und
Metall das Design bestimmen. Chillout in Nischen und riesigen Kissen ist angesagt - etwa im Club des Carlton-Hotels in Scheveningen. Viele der ehemaligen Strandbuden setzen auf Atmosphäre.
"Wir haben in jedem Sommer eine andere Dekoration", berichtet Monique de Jong vom "Wij" in Scheveningen. Auch deshalb werden nicht nur Betriebsfeste, sondern sogar
Hochzeiten in den Strandpavillons gefeiert. "Im weißen Kleid und schwarzen Anzug barfuß im Sand - das finden die Hochzeitspaare toll." MUSIK VON STRAUSS BIS HOUSE Auch das
"Woodstock 69" in Bloemendaal an Zee nahe der Stadt Haarlem wird Jahr für Jahr fast neu erfunden. Selbst in punkto Essen bleibt nichts beim Alten. "Nachdem wir letztes Jahr
italienische Gerichte serviert haben, bieten wir in diesem Sommer türkische, iranische und libanesische Küche an", sagt Mitinhaber Michéle Verhoeven. In seine 13. Saison geht der Club
in diesem Jahr. Die Anfänge des Pavillons sind sagenumwoben: Ein paar Lebenskünstler verbrachten den Sommer in Bloemendaal an Zee, bauten aus angespültem Strandgut ein kleines Häuschen,
installierten eine Zapfanlage und hissten demonstrativ die Piratenflagge. Seitdem bestimmt Musik das Lebensgefühl am schmalen Strand beim "Woodstock 69". "Wir spielen alles -
von Strauß bis House", sagt Verhoeven. Besonders stimmungsvoll werden die Sonnenuntergänge zelebriert. Wenn im Westen der tiefrote Sonnenball in den Nordseewellen versinkt, tönt Carl
Orffs Carmina Burana aus den Lautsprechern. Die Gäste schauen der Sonne nach, bevor die Party beginnt. Gefeiert wird aber nur bis Mitternacht, dann ist Ruhe am Strand - wie bei allen
Pavillons. _Bernd F. Meier, gms_