Kreuzfahrtschiff-ranking von nabu

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größer und immer teurer werden die neuen Kreuzfahrtschiffe und daher immer wichtiger in der gigantischen Flotte aller Schiffe auf den Weltmeeren - auch in Sachen Umweltverschmutzung. Das


meint der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), der daher seit drei Jahren eine Kampagne für eine saubere Kreuzfahrt  betreibt. Vor zwei Jahren erschreckten die Naturschützer Aida und TUI


Cruises noch öffentlichkeitswirksam mit der Verleihung des "Dinosaurier des Jahres". Eine Auszeichnung für Unternehmen, die sich in Sachen Umweltschutz als besonders antiquiert


erwiesen hätten. Jetzt liegen die beiden Reedereien, die mit den größten Kreuzfahrtkonzernen der Welt verbunden sind, mit ihren Neubauten an der Spitze des aktuellen Nabu-Rankings. Dafür hat


der Verein alle 28 Oceanliner, die bis 2019 auf den europäischen Markt kommen sollen, nach Umweltfreundlichkeit bewertet, anhand des verwendeten Kraftstoffs sowie der eingesetzten


Abgasreinigungsanlagen. "Wir vergeben hier Vorschusslorbeeren", sagt Dietmar Oeliger, Nabu-Leiter Verkehrspolitik: Die Liste wurde überwiegend nach Angaben der Reedereien erstellt.


Und Ankündigungen, so die Naturschützer, seien schon oft nicht umgesetzt worden - angefangen mit dem Versprechen eines Aida-Cruises-Chefs, dass Schweröl für die neuen Schiffe kein Thema


mehr sein werde. "AIDA PRIMA" AUF EINS Seit der Negativpreisverleihung 2011 "können wir deutliche Verbesserungen bei einzelnen Reedereien erkennen", sagt Oeliger.


Glücklich ist er dennoch nicht: Nicht nur die Aida-Neulinge, auch keins der 28 Schiffe wird auf den Einsatz von Schweröl verzichten. Dessen Nutzung bezeichnen die Umweltschützer als


"Müllverbrennung auf See", freigesetzt werden dabei Schwefeldioxid, Stickoxide, Ruß, Schwermetalle und andere Gifte. Auch gebe es durchaus Reedereien, die keinerlei Rücksicht auf


die Umwelt nehmen. Auf Platz eins und zwei der Neubauten-Rangliste liegen die "Aida Prima" und ihr Schwesterschiff, die 2015 und 2016 in Dienst gestellt werden sollen. Zumindest,


wenn es zu keinen weiteren Verzögerungen bei der Bauwerft Mitsubishi Heavy Industries in Japan kommt. Die beiden 415 Millionen Euro teuren Schiffe haben sowohl einen Landstromanschluss,


einen Abgaswäscher (den sogenannten Scrubber) als auch einen Stickoxidkatalysator und - erstmals bei Kreuzfahrtschiffen - einen Rußpartikelfilter. Lediglich auf den Katalysator verzichtet


die "Diadema" von Costa Cruises, die mit 4928 Passagieren ab November in See stechen soll - daher gab es nur Platz drei. Das Fehlen eines Filters, der die ultrafeinen und


gesundheitsschädlichen Partikel aus den Abgas entfernen soll, verbannt die neuen "Mein Schiff 3" bis "Mein Schiff 6" von TUI Cruises auf Platz vier und folgende. Die


"Mein Schiff 3" konnte mit einem neuartigen kombinierten Entschwefelungs-Stickoxidkatalysator-System schon im Juni auf Jungfernfahrt gehen. Zwischenzeitlich hat der Prototyp von


Wärtsilä noch Probleme bereitet, Rußpartikel aus dem Schornstein landeten auf den Außendecks. Durch technische Veränderungen sei dies jedoch verbessert worden, sagt die Sprecherin von TUI


Cruises, Godja Sönnichsen. Ein Rußpartikelfilter für Neubauten ab "Mein Schiff 5" will sie nicht ausschließen, wenn es sinnvoll und machbar sein sollte. GESETZGEBUNG ERZWINGT


ABGASREINIGUNG Im Ranking schneidet die in Kürze von der deutschen Meyer Werft fertiggestellte "Quantum of the Seas" mit am schlechtesten ab. Laut Nabu soll die US-Reederei Royal


Caribbean für den an die 800 Millionen Euro teuren Giganten keinerlei Abgasbehandlung eingeplant haben. Das Problem: Das US-amerikanische Unternehmen hat - wie auch Norwegian Cruise Line und


Viking Ocean nicht auf die Anfrage des Nabu reagiert. Auf SPIEGEL-ONLINE-Nachfrage erklärte die Reederei, dass ein Scrubber eingebaut werden soll, was immerhin einen halben von vier


möglichen Punkten gebracht hätte. Auf Rußpartikelfilter wie auf einen Stickoxidkatalysator verzichten die Amerikaner jedoch. Den Unternehmen geht es nicht nur ums Saubermann-Image. Sie


werden mit ihren Plänen für Abgasreinigungsanlagen vor allem durch die Verschärfung der Abgaswerte angetrieben: Die Grenzwerte der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO für den


Schwefelanteil im Treibstoff werden 2015 und 2020, die für Stickoxide 2016 verschärft. In sensiblen Gebieten wie Häfen, Ost- und Nordsee muss schon jetzt Marinediesel verwendet werden. Die


neuen Anforderungen machen eine Umstellung auf saubereren Marinediesel oder auf Flüssiggas notwendig. Mit dem Einsatz von Scrubbern, die die Abgase bei Schwerölverbrennung reinigen, sieht


der Nabu die Gesetzgebung unterlaufen. Raffinerien könnten effizienter und unter kontrollierteren Bedingungen Schweröl reinigen als die Schiffsanlagen, sagt der Verkehrsexperte Axel


Friedrich. Inzwischen stelle sich die Industrie auf die steigende Nachfrage ein, die Preise sinken. Überhaupt, die Kontrolle: Da herrscht bei den Naturschützern große Skepsis, dass die


gesetzlich vorgeschriebenen Abgaswerte eingehalten werden. So ein Scrubber, sagt Friedrich, der könne auf hoher See einfach unbemerkt ausgeschaltet werden. Transparenz der Daten könnte bei


derartigem Misstrauen eventuell helfen.