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MÜNCHEN. Die AfD hat als Oppositionspartei im neugewählten bayerischen Landtag Anspruch darauf, einen Ausschussvorsitz zu übernehmen – und bekommt nun ausgerechnet den Bildungsausschuss
zugeschlagen. Ein Augsburger AfD-Abgeordneter freut sich bereits auf die „Herausforderung“. Lehrerverbände und die organisierte Elternschaft zeigen sich entsetzt. Tatsächlich stellt die
Partei bemerkenswerte Forderungen auf. „Als Förderlehrer unterrichte ich seit 1984 an Grund- und (Haupt-) Mittelschulen. Seit einigen Jahren bin ich Vertrauensperson der Schwerbehinderten im
Schulamtsbereich Augsburg Stadt“ – so stellt sich Markus Bayerbach, frischgebackener bayerischer Landtagsabgeordneter der AfD, den Wählern vor. „Besonders die Förderung des Ehrenamtes, die
Jugendarbeit und die Teilhabe von Behinderten an dieser Stadt liegen mir am Herzen.“ Wie er die „Teilhabe von Behinderten an dieser Stadt“ mit der Forderung seiner Partei in Einklang bringt,
„die ideologisch motivierte Inklusion“ abzuschaffen (und dabei mal eben bestehendes Völkerrecht ignoriert), würde wohl niemanden sonderlich interessieren – käme Bayerbach nicht bald wohl an
einen prominenten Posten in der Bildungspolitik: Seine Partei wird ihn als Vorsitzenden des Bildungsausschusses vorschlagen. Und weil die AfD als Oppositionspartei im bayerischen Landtag
das Vorschlagsrecht für diesen Posten hat, und die Mehrheit aus CSU und Freien Wählern signalisiert hat, das nicht blockieren zu wollen, wird er in die Funktion wohl auch gewählt werden.
„Für einen Neuling ist dies natürlich eine große Herausforderung, der ich mich gerne stelle“, so erklärte er bereits gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“. Bei Lehrerverbänden und bei der
organisierten Elternschaft ruft das Entsetzen hervor. Ein AfD-Abgeordneter wäre damit an exponierter Stelle für die bayerische Schulpolitik mit verantwortlich, so erklärt der
GEW-Landesvorsitzende Anton Salzbrunn –und meldet Protest an. „Wer wie die AfD Online-Portale zum Denunzieren von Lehrkräften einrichtet oder einrichten will, hat sich endgültig für solche
Funktionen disqualifiziert“, so sagt er. Das Programm der AfD verlangt dem GEW-Chef zufolge eine Rolle rückwärts in der Schul- und Bildungspolitik. So habe die Partei zum Beispiel beantragt,
„Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, das größte Schulnetzwerk in Deutschland, abzuschaffen. Tatsächlich finden sich auf der Seite der bayerischen AfD einige bemerkenswerte
bildungspolitische Forderungen – darunter die „Abschaffung des Beamtenstatus bei Lehrkräften und die Einführung von Leistungsanreizen im Schuldienst“. Weiter heißt es: „Disziplin, Ordnung,
respektvoller Umgang, Pünktlichkeit und Rücksichtnahme sind verstärkt durchzusetzen“ – wie, das bleibt der Fantasie des Lesers überlassen. Darüber hinaus wird ausgeführt: „An Bayerns Schulen
muss ein ausgewogenes Bild der deutschen Geschichte aller Epochen vermittelt werden.“ Zur Einordnung: Der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke hatte den Schulen in Deutschland mit Blick
auf das Holocaust-Gedenken vorgeworfen, die deutsche Geschichte „mies und lächerlich“ zu machen. “HEBELWIRKUNG IN DER BILDUNGSPOLITIK” Auch der Bayerische Elternverband (BEV) sieht die
Entwicklung mit Sorge. „Trotz der demokratischen Grundsätze, nach dem auch dieser Ausschuss arbeitet, kommt der Position der oder des Vorsitzenden eine Hebelwirkung in der Bildungspolitik
zu“, sagt Martin Löwe, Landesvorsitzender des BEV. „Wir fürchten, dass Bildungskonzepte, die auf Veränderungen in der Gesellschaft eingehen, zum Beispiel individuelle Förderung, Stärkung der
Persönlichkeitsbildung, Förderung demokratischer Strukturen, Anpassung der Lehrinhalte an neue Entwicklungen der Forschung, Aufnahme von Erkenntnissen der Hirnforschung in didaktische
Methoden und Ganztagsbetreuungsangebote ad acta gelegt werden.” Weiter erklärt Löwe: „Man kann dem Parteiprogramm der AfD durchaus entnehmen, dass unsere Kinder durch die Schule zu
durchtrainierten, wehrfähigen Jungen und braven, sich auf die häusliche Arbeit beschränkenden Mädchen herangezogen werden sollen. Wer hier nicht in eine der antiquierten Leistungsschubladen
passt, wird ausgesondert.“ Die Katholische Erziehergemeinschaft Bayern (KEG) zeigt sich laut zwd.info „verwundert“ darüber, dass die AfD-Fraktion den Vorsitz des Bildungsausschuss im
bayerischen Landtag übernehmen will. „Noch im September konnte die Partei auf unsere Wahlprüfsteine aus dem Bereich der Bildungspolitik keine Antwort liefern, da die Partei ,dazu […] keine
detaillierte programmatische Position erarbeitet‘ hat“, sagte die KEG-Landesvorsitzende Ursula Lay. Sie verfolge es „mit großer Sorge, dass eine Partei, die sich bildungspolitisch bisher
nicht engagiert hat und in anderen Bundesländern Meldeportale gegen Lehrkräfte initiiert, nun den Vorsitz im Bildungsausschuss des Bayerischen Landtags übernehmen wird.“ Die KEG Bayern werde
das Geschehen im Bildungsausschuss intensiv verfolgen und darauf achten, dass die bildungspolitischen Themen sachlich behandelt werden und am Gemeinwohl aller ausgerichtet seien, kündigte
Lay an. _News4teachers_ Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert. > AfD-„Meldeportale“ verstoßen gegen den Datenschutz! > Kultusminister Tonne gibt
Lehrern den Tipp, die Löschung der Daten > zu verlangen