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------------------------- * * X.com * Facebook * E-Mail * * * X.com * Facebook * E-Mail * Messenger * WhatsApp * Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig? Es ist
soweit: Nach Monaten intensiver Verhandlungen, eifrigen Marketings und intensiven Werbetrommelns kam heute Microsofts designierter iPod-Konkurrent Zune auf den Markt. Erklärte Absicht von
Microsoft ist es dabei, das Quasi-Monopol von Apple auf dem Markt für digitale Musik zu brechen. In den USA hat Apple Schätzungen zufolge mit den verschiedenen iPod-Modellen rund 75 Prozent
des MP3-Playermarktes in der Hand. Den Markt für legale Downloads dominiert Apples iTunes-Shop ähnlich souverän - und das weltweit. Microsoft hält ab heute mit einem Konzept dagegen, das
sich mächtig an Apples iPod-iTunes-Doppel reibt. Wie Apple setzt auch Microsoft auf eine starre Kopplung von Hardware und Download-Shop. Den weitgehend erfolglosen MSN-Musikshop schloss
Microsoft kurzerhand und ersetzte ihn durch das ebenfalls heute eröffnete Zune.net . Das fällt als Shop unter anderem durch ein proprietäres Digital-Rights-Management (DRM) auf, das ganz
nach Apples iTunes-Vorbild die Klänge, die Microsoft nun zu verkaufen hofft, an den Player bindet. So etwas kommt nicht gut an bei der Kundschaft, die sich offene Standards und universale
Nutzbarkeit wünscht: Am liebsten ist ihr, wenn jedes Dateiformat auf jedem Player läuft. Immerhin beweist Apples anhaltender Erfolg, dass man - mit dem richtigen Image - auf solche
Kundenwünsche pfeifen kann. Da genau aber könnten Microsofts Probleme beginnen: Die Bill-Gates-Company hat ein solches cooles, kundennahes Image nicht. Apple hat keine Kunden sondern Fans,
die das DRM gern in Kauf nehmen, zumal Apple ihnen ja auch etliche Freiheiten lässt. In der Wahrnehmung der Öffentlichkeit ist Microsoft dagegen eine Art hocheffiziente
Marktüberrollungsmaschinerie mit der Lizenz zum Gelddrucken - trotz des in den letzten Jahren wieder mehr zum positiven Imageträger gewandelten Bill Gates. HAUPTSACHE HIP Das ist auch dem
Management klar, das keine Kosten scheute, dem Zune-Player eine Taufe zu bescheren, die dessen Image vom ersten Augenblick an aufpeppen soll. Als Paten fungieren dabei populäre Gruppen und
Künstler wie Queens of the Stone Age, The Secret Machines, T.I., vor allem aber die Red Hot Chili Peppers, die Microsoft heute kreuz und quer über die USA verteilt auf kostenlosen
Launch-Konzerten aufspielen lässt. Große Produkt-Veröffentlichungen zelebriert die amerikanische IT-Branche gern als Welterrettungs-Events, als müsste die Kundschaft vor schierer
Begeisterung in euphorisches Feiern verfallen - da macht auch Microsoft keine Ausnahme. Was die Kundschaft da feiern soll, ist in allererster Linie ein MP3-Player, der eigentlich aus dem
Hause Toshiba kommt. Das Innenleben des Zune ist Toshibas Gigabeat-Player entlehnt, wurde für Microsoft aber deutlich aufgebohrt. Für 249 Dollar bekommt der Käufer einen Player, der alles
können soll, was ein iPod kann - plus einiger Bonbons. Bemerkenswert ist dabei vor allem das zugrundeliegende Marketing-Konzept, das präzise auf die Generation MySpace zielt: Wichtigstes
Merkmal des Zune ist die Möglichkeit, drahtlos miteinander Musik austauschen zu können. Die beamt man einfach von Player zu Player, wo sie dann für drei Tage gültig und nutzbar bleibt. Kein
Wunder, dass Microsoft den Player mit Schlüsselworten wie "sozial" bewirbt, mit "verbinde Deinen Zune mit der Welt um Dich herum", und "Entdecke neue Sounds!".
Allerdings nur solche, die Microsoft auch erlaubt: Der Zune könnte als MP3-Player mit dem rigidesten Digital-Rights-Management in die Tech-Geschichte eingehen. Redmond hat sich schon vor dem
Verkaufsbeginn zumindest in die Herzen der Plattenlabels gedealt. Anders als Apple beteiligt Microsoft die Musikindustrie nämlich direkt am Verkaufserfolg der Player, schafft damit Anreize,
der lieben erhofften Community ab und zu werbend was zu schenken und hofft sicherlich auch auf fruchtbare Cross-Promotion seitens der Label, denen Apples Dominanz seit langem ein Dorn im
Auge ist. REICHT DER ZUCKER (BEI SO VIEL PEITSCHE)? Andererseits ist der Zune das Äquivalent zur Legebatterie-Zelle, in der das Huhn (sprich: der Kunde) sich ein-, zweimal drehen darf,
niemals aber die Flügel strecken. So pfropft Microsoft sogar noch Dateien das eigene DRM auf, die gar nicht über den Zune Marketplace erworben wurden. Erste Reaktionen aus der anvisierten
Zielgruppe sahen folgerichtig anders aus, als Microsoft sich das gewünscht hat. Bei so viel Peitsche braucht man also Zückerchen, um diesen Deal zu versüßen. Höchst passend zu den
Schnuppermöglichkeiten des Zune liefert Microsoft den Player mit vorinstallierten Songs und Videos aus. In der Liste der rund 30 vorgeladenen Clips sucht man vergeblich nach den sonst
unvermeidlichen Mainstream-Madonnas dieser Welt, findet stattdessen hippe junge Newcomer und vielversprechende Indie-Acts: Wow, möchte man da sagen, ist das wirklich Microsoft? Ob sich an
Apples Dominanz aber nur darum so schnell etwas ändern wird, ist mehr als fraglich. Mit nur einem Modell in drei Farben, die anscheinend ohne Einfluss eines Designberaters gewählt wurden,
hat Microsoft der inzwischen erreichten Modellfülle von Apple auch noch zu wenig entgegenzusetzen. Microsoft-Chef Steve Ballmer, stets Microsofts lautester Trommler, demonstriert trotzdem
Zuversicht: "Wir können sie schlagen, aber einfach wird das nicht. Wir sind David!" Pragmatischer zeigte sich Chris Stephenson, Microsofts Verkaufschef für das neue Projekt, in
einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg: "Für uns zählt vor allem, dass wir relevant sind. Wir würden gern hören, dass die Leute sagen, dass es eine klare Nummer Zwei auf
dem Markt gibt." Das sehen auch viele Marktanalysten so, denn dafür würden zur Zeit zehn Prozent locker reichen: Alles andere wäre ein echter Überraschungserfolg. P.S.: AUCH APPLE MACHT
NACHRICHTEN So ganz will Apple dem neuen Konkurrenten die Nachrichtenlage nicht überlassen. Zeitgleich zur Veröffentlichung des Zune gab Apple bekannt, dass künftig sechs große
Fluggesellschaften iPod-Verbindung für ihre Onboard-Entertainment-Systeme nachrüsten werden. Damit lässt sich dann nicht nur der iPod während des Fluges laden, sondern zum Beispiel auch der
Bildschirm im Vordersitz nutzen, um Videos in angenehmer Größe zu sehen. Die sechs Gesellschaften sind Air France, Continental Airlines, Delta Air Lines, Emirates, KLM und United Airlines.